Qualitätssicherung im neuen IT-Weiterbildungssystem Zertifizierung der IT-Spezialisten
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- Philipp Gerhardt
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1 Kapitel 6 Qualitätssicherung im neuen IT-Weiterbildungssystem Zertifizierung der IT-Spezialisten Dipl.-Kfm. Stefan Grunwald, Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik Dipl.-Math. Michael Gamer, Tenovis GmbH & Co. KG Einleitung Die Weiterbildung der operativen und strategischen Professionals ist im gesetzlich geregelten Bereich, d. h. in Form einer Rechtsverordnung entsprechend den Maßgaben des Berufsbildungsgesetzes 46 (2) BBiG geregelt. Der Teilnehmer legt entsprechend den Festlegungen der Rechtsverordnung vor der zuständigen Stelle seine Prüfung ab und erhält einen anerkannten Abschluss in dem gewählten Berufsprofil. Dem gegenüber erfolgt die Weiterbildung der Spezialisten im privatwirtschaftlichen Bereich im Rahmen eines nach europäischen Normen bestimmten, branchenübergreifend angelegten Zertifizierungsverfahrens. Die Zertifizierung selbst erfolgt auf der Basis festgelegter Inhalte und erbrachter Leistung. In Verbindung mit der Arbeitsprozessorientierung der Weiterbildung ist eine angemessene Überprüfung der im Prozess der Arbeit erworbenen Kompetenzen erforderlich. Dem Teilnehmer wird durch ein Zertifikat die Übereinstimmung seiner Kompetenz mit festgelegten Normen und Kriterien des jeweiligen IT-Spezialistenprofils bestätigt. Wie die Zertifizierung der IT-Spezialisten im Kontext europäischer Normen und nationaler Akkreditierungsstrukturen erfolgt, wird in diesem Beitrag umfassend in seinen Wirkungszusammenhängen dargestellt. Akkreditierungsstrukturen in Deutschland Die Vollendung des europäischen Binnenmarktes ermöglicht den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen. Freier Handel setzt Vertrauen in die Leistung des Anbieters voraus. Jeder Kunde möchte wissen, ob die Ware oder Dienstleistung seinen Anforderungen an Qualität und Sicherheit entspricht. Der Staat muss sich im Interesse der Sorgfaltspflicht für seine Bürger deshalb davon überzeugen, ob Waren und Dienstleistungen mit den in Gesetzen und Richtlinien festgelegten Anforderungen übereinstimmen. Ob eine solche Übereinstimmung vorliegt, muss durch Prüf- und Kalibrierlaboratorien, Zertifizierungs- bzw. Überwachungsstellen festgestellt werden. Nur wenn diese Stellen über alle Voraussetzungen, wie qualifiziertes Personal, fachliche Kompetenz etc. verfügen und diese Kompetenz nachweisen können, werden Kunden auch Vertrauen in die Ergebnisse (Prüfberichte und Zertifikate) haben. Die Akkreditierung dieser Stellen, d. h. die Anerkennung ihrer Kompetenz schafft dieses Vertrauen [vgl. Facklam 1996]. Unter Akkreditierung wird eine Maßnahme verstanden, durch die eine autorisierte Stelle (die Akkreditierungsstelle) die Kompetenz einer Zertifizierungsstelle formell anerkennt, dass diese Stelle in der Lage ist, bestimmte Aufgaben auszuführen. Bei Zertifizierungsstellen sind diese Aufgaben Maßnahmen, die aufzeigen, dass angemessenes Vertrauen dafür besteht, dass ein 47
2 Erzeugnis, Verfahren oder eine Dienstleistung in Übereinstimmung mit bestimmten Anforderungen (z. B. Festlegungen in einer Norm) ist. Das Ergebnis einer Zertifizierung der Konformität ist eine Konformitätsbescheinigung (Zertifikat). Die Kommission der Europäischen Gemeinschaft hatte Anfang der 90er Jahre die Mitgliedsstaaten aufgerufen, nationale Akkreditierungssysteme aufzubauen und dazu europaweit geltende Systeme der Qualitätssicherung in Form von Europanormen (EN) eingeführt wurde dazu der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR) (siehe Abbildung 1) gegründet. Er fungiert als eine von der deutschen Wirtschaft, dem Bund und den Ländern getragene Arbeitsgemeinschaft und hat die Aufgabe, ein transparentes, einheitliches und international anerkanntes Akkreditierungssystem in Deutschland sowohl für den geregelten als auch den nicht geregelten Bereich aufzubauen und zu sichern. Durch den DAR erfolgt die Koordinierung der in Deutschland durchgeführten Tätigkeiten auf dem Gebiet der Akkreditierung und Anerkennung von Prüflaboratorien, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen. Der DAR bildet eine Klammer für die Akkreditierungsstellen und vertritt die deutschen Akkreditierungsstrukturen nach außen. Er schließt in dieser Funktion Abkommen auf gegenseitige Anerkennung mit ausländischen Akkreditierungssysteminstanzen. Im gesetzlich geregelten Bereich werden durch EU-Richtlinien, Bundes- oder Landesgesetze, Rechtsverordnungen etc. Prüfungen und Bestätigungen (Zertifizierungen) der Übereinstimmung von Erzeugnissen, Verfahren oder Dienstleistungen mit entsprechenden Forderungen vorgeschrieben. Im gesetzlich nicht geregelten Bereich dienen Akkreditierungsstellen zur Schaffung von Vertrauen in die Prüf- und Zertifizierungstätigkeit zwischen dem Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen und dem Kunden auf der Basis europäischer Normen. Der Bedarf nach Akkreditierung ist besonders im Hinblick auf den gemeinsamen Markt und den damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen der EU zum Abbau von Handelshemmnissen vor allem im nicht geregelten Bereich gestiegen. Das ist der Grund, warum in Deutsch- Abbildung 1: Der Aufbau des DAR und dessen Einbindung in die europäische Qualitätssicherungsstruktur 48
3 land Akkreditierungsstellen für die verschiedenen Sachgebiete im nicht geregelten Bereich gegründet wurden, die ihre Aktivitäten unter dem gemeinsamen Dach der Trägergemeinschaft für Akkreditierung (TGA) ( koordinieren. Die Akkreditierungsstelle TGA ist eine in Eigenverantwortung der Wirtschaft für die Wirtschaft gegründete Gesellschaft. Sie beherbergt mehrere fachspezifisch agierende Sektorkomitees. Diese sektorbezogene Struktur ermöglicht eine hohe Kompetenz und Sachkunde bei der Begutachtung und Akkreditierung. Neben System- und Produktzertifizierung ist Personalzertifizierung die dritte Sparte des Zertifizierungswesens. Wie bei Systemen und Produkten wird hierbei durch eine als unparteiisch Dritte anzusehende Institution die Konformität mit bestimmten Regeln überprüft. Diese Regeln werden der DIN EN (Allgemeine Kriterien für Stellen, die Personal zertifizieren) entsprechend entwickelt und ausgeübt. Die TGA ist akkreditiert, Personalzertifizierungsstellen zu akkreditieren. Sie bietet damit die Voraussetzungen für die Personalzertifizierung der Spezialisten des IT-Weiterbildungssystems. Die TGA engagiert sich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern hat auch Schnittstellen zu internationalen Partnern. Somit wird das Ziel der Neuordnung der IT-Weiterbildung erreichbar, bundesweit und auch europaweit anerkannte Qualifikationsstandards im Bereich der IT-Weiterbildung zu etablieren. Zertifizierung der IT-Spezialisten Im Rahmen der TGA-Hauptausschusssitzung am hat die TGA den Antrag vom Zentralverband Elekrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e. V. und vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) e. V. zur Aufnahme des Sachgebiets IT-Spezialist und zur Gründung eines entsprechenden Sektorkomitees abschließend beraten und folgenden Beschluss gefasst: Die TGA beschließt die Aufnahme des Sachgebietes IT-Spezialist in die Personalzertifizierung der TGA und die Gründung eines entsprechenden Sektorkomitees. Voraussetzung hierfür ist, dass der IT-Spezialist bzw. die entsprechenden Profile nicht so in der entsprechenden Verordnung bzw. dem Anhang genannt werden, dass dieser Bereich dem gesetzlich geregelten Bereich zuzuordnen ist Dieses in dem Beschluss genannte Sektorkomitee ist zwischenzeitlich eingerichtet worden und arbeitsfähig. Damit ist der grundsätzliche Weg zur Personalzertifizierung der IT-Spezialisten auf Basis der TGA-Akkreditierung frei. Der Aufbau des IT-Sektorkomitees und die Erarbeitung der Akkreditierungs- und Zertifizierungsgrundlagen können nun unverzüglich aufgenommen werden. Auf dieser Grundlage können dann Zertifizierungsstellen eine Akkreditierung bei der TGA erwirken (siehe Abbildung 2). Die TGA und das IT-Sektorkomitee verstehen sich als unabhängige "Prüfinstanz" für die Einhaltung der im IT-Weiterbildungssystem für die Spezialisten beschriebenen Standards. Dazu verfügt sie über eine Struktur, die das Interesse aller beteiligten Parteien abdeckt. Die Zertifizierungsstellen selbst zertifizieren Teilnehmer von arbeitsprozessorientierten Weiterbildungen zu IT-Spezialisten bei Unternehmen und Bildungsanbietern. Dabei bilden die in den Spezialistenprofilen abgebildeten Standards die Grundlage der Zertifizierung. Als Anbieter von 49
4 Abbildung 2: Akkreditierung der Personalzertifizierungsstelle durch die TGA Personalzertifizierungs-Dienstleistungen prüfen sie die Konformität der Kompetenz von Personen bezüglich festgelegter Normen und Kriterien (IT-Spezialistenprofile) entsprechend den europäischen und internationalen Anforderungen. Qualitätssichernde Zertifizierungsverfahren sollen Arbeitnehmern (Teilnehmern) wie Arbeitgebern eine verlässliche Orientierung und eine hohe Transparenz über die (Weiter-)Bildungsangebote im IT-Bereich ermöglichen. Darüber hinaus sollen diese Verfahren die Vergleichbarkeit von Qualifikationen sichern und zu einer verbesserten Karriereförderung und Mobilität von Arbeitnehmern (z.b. auch innerhalb der EU) beitragen. Ausblick Transparenz auf dem IT-Weiterbildungsmarkt ist dringend erforderlich. Das neue IT-Weiterbildungssystem bietet Zertifikate mit branchenübergreifenden Standards, von denen erwartet werden kann, dass diese als wichtige Orientierungshilfe akzeptiert werden. Entsprechend dürften diese Zertifikate zukünftig auch bei Personalentscheidungen von hoher Relevanz sein. Der stetig wachsende Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften und der zunehmende Wettbewerb um Arbeitsplätze hat europaweit zu einer enorm gestiegenen Nachfrage nach anerkannten Qualifizierungsstandards mit zertifizierten Abschlüssen geführt. Deshalb wird in der gesamten EU auf politischer und fachlicher Ebene versucht zu klären, wie sich die nationalen Systeme der Qualifikationsnachweise an die neuen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten angleichen lassen [Memorandum über lebenslanges Lernen, 2000]. Das neue IT-Weiterbildungssystem wird von der Wirtschaft, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gewünscht. Die hohe Qualität dieses Systems und seine enge Verzahnung mit dem zukunftsträchtigen Prinzip der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung werden dafür sorgen, dass dieser Qualifizierungsstandard auch im europäischen Kontext positioniert werden kann. 50
5 Literatur Facklam, T. (1996): Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH TGA Akkreditierung, Zertifizierung und Prüfung im europäischen Binnenmarkt, In: KGT Kautschuk Gummi Kunststoff, 49. Jahrgang, Ausgabe 1/1996, Seite Grunwald, S./Rohs, M. (2000): Arbeitsprozessorientierung in der IT-Weiterbildung. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis (BWP), 29 (2000), Nr. 6, S Memorandum über Lebenslanges Lernen (2000), [Online], Available: Vereinbarung über die IT-Spezialistenprofile im Rahmen des Verfahrens zur Ordnung der IT-Weiterbildung zwischen dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag DIHK, dem Bundesverband der Deutschen Industrie BDI, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA, dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien BITKOM, dem Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie ZVEI, dem Deutschen Gewerkschaftsbund DGB, der Industriegewerkschaft Metall IGM und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di (siehe Anhang 3) 51
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