10 Regionalentwicklung

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1 1 Regionalentwicklung Deutschland und Japan weisen, wie viele andere Länder, eine hohe regionale Vielfalt auf - auch in demografischer Hinsicht. Das gilt insbesondere für die Bevölkerungsdichte und die Binnenwanderung, in Deutschland auch für die Zuwanderung aus dem Ausland. Deutschland gewann im Zeitraum mit rund 18,4 Mio. Zuzügen aus dem Ausland etwas mehr Einwohner hinzu, als es durch die fast 17 Mio. Sterbefälle verlor. Gleichzeitig lag die Zahl der Geburten mit 14,7 Mio. nur wenig über jener der Fortzüge (13,6 Mio.). Die zugezogenen Personen ließen sich überwiegend in einigen wenigen westlichen Regionen und in nieder, wo es aufgrund des bereits hohen Ausländeranteils soziale Netzwerke gibt. Die Fortzüge erfolgten hauptsächlich ins europäische Ausland. Hinzu kommt die nach der Wiedervereinigung stark angestiegene Binnenwanderung. Obgleich veränderlich, lässt auch sie eigene Muster erkennen. Die großen Ströme erfolgten von Ost nach West. Agglomerationsräume sind aufgrund ihres Ausbildungs- und Arbeitsangebotes attraktiv, während ländliche Kreise eher von Familienwanderern profitieren. Japans Regionalstruktur wird durch die hohe Konzentration der Bevölkerung und Wirtschaftsaktivität auf den Großraum Tokio mit Kawasaki und Yokohama und entlang des Küstenstreifens von Nagoya über Kyoto/ Osaka/Kobe nach Hiroshima und Fukuoka geprägt. Regionale Disparitäten zeigen sich sowohl in der Arbeitsproduktivität und im Einkommensniveau als auch im Bildungsangebot und der medizinischen Versorgung. Bedeutende sozio-demografische Unterschiede gibt es in der Haushaltsgröße und dem Altersdurchschnitt. Regionale demografische Unterschiede sind für die Wirtschaft von Bedeutung. So kann das Fehlen der weniger mobilen Auszubildenden (15-18 Jahre) schwerer kompensiert werden, als der Mangel an Fachkräften mittleren Alters. Dafür könnte regional das umfangreiche Arbeitskräftepotenzial der ebenfalls weniger mobilen Älteren genutzt werden. Regionen mit einem hohen Anteil Älterer könnten ferner für die Einführung neuer Produkte aus dem Bereich Gesundheit und Technische Lebensassistenz besonders geeignet sein. 115

2 1.1 Von dünn besiedelt bis dicht gedrängt Die Bevölkerungsdichte ist das Ergebnis geografischer Gegebenheiten, ökonomischer Entwicklungen und langfristiger demografischer Prozesse. In Deutschland liegt die Dichte zwischen 38 in Mecklenburg-Strelitz und in ; in Japan zwischen 66 in Hokkaido und in Tokio. Bevölkerungsdichte (Einwohner je km 2 ), 9 unter 1 1 bis unter bis unter 5 5 und mehr Sendai Nagoya Tokio Fukuoka Ōsaka Okinawa RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistics Bureau of Japan; eigene Berechnungen: Kühntopf und Ockert. 116

3 1.2 Geburten im regionalen Vergleich In städtischen Räumen ist die Geburtenrate (TFR) allgemein niedriger. In Deutschland war sie 8 im Landkreis Cloppenburg mit 1,72 am höchsten und in Würzburg mit,96 am niedrigsten. In Japan wurde 9 die höchste TFR für die Präfektur Okinawa (1,79) und die niedrigste für Tokio (1,12) berechnet. Zusammengefasste Geburtenziffer Deutschland 8 unter 1,3 1,3 bis unter 1,4 1,4 und mehr Japan 9 Sendai Nagoya Tokio Fukuoka Ōsaka Okinawa RZ-Grafik / Datenquellen: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (1), Ministry of Health, Labour and Welfare of Japan. 117

4 1.3 Lebenserwartung bei Geburt im regionalen Vergleich In Deutschland lag die Lebenserwartung von Männern bei Geburt im Landkreis Pirmasens bei 72,4 Jahren und im Landkreis Starnberg bei 8,9 Jahren. In Japan wurde die niedrigste Lebenserwartung bei Männern in der Präfektur Aomori (76,3 Jahre) und die höchste in der Präfektur Nagano (79,8 Jahre) gemessen. Lebenserwartung von Männern bei Geburt Deutschland 8 unter 77 Jahre 77 bis unter 79 Jahre 79 Jahre und mehr Japan 5 Sendai Nagoya Tokio Fukuoka Ōsaka Okinawa RZ-Grafik / Datenquellen: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (1), Ministry of Health, Labour and Welfare of Japan. 118

5 1.4 Regionale Außenwanderung in Deutschland Viele Kreise in Grenznähe verzeichnen eine Nettozuwanderung aus dem Ausland, auch strukturschwache, ländliche Gebiete. Die jährlichen Wanderungssalden sind jedoch sehr niedrig. Aufgrund früherer Zuwanderung weisen westdeutsche Ballungsräume und den höchsten Ausländeranteil auf. Ø Wanderungssaldo mit dem Ausland, 7-9 Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung, 9 unter 4% 4% bis unter 7% 7% bis unter 1% 1% und mehr je 1. Einwohner unter -6-6 bis unter -2-2 bis unter und mehr RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistics Bureau of Japan; eigene Berechnungen: Korb. 119

6 1.5 Wenig Nachwuchs in Sicht... Die Jährigen, die als Auszubildende zukünftig für die Wirtschaft von großer Bedeutung sind, stellen im Osten Deutschlands und in vielen westdeutschen Städten ähnlich niedrige Anteile an der Bevölkerung, wie in den meisten Präfekturen Japans. Bis 3 werden sie weiter sinken. Anteil Jähriger an der Gesamtbevölkerung, 9 (7,2%) unter 5% 5% bis unter 6% 6% und mehr Extremwerte in Klammern Sendai (3,3%) Fukuoka Ōsaka Nagoya Tokio (3,8%) Okinawa (5,7%) RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistics Bureau of Japan; eigene Berechnungen: Ockert. 1

7 dafür viele Ältere Der Anteil älterer Menschen ist in den meisten japanischen Regionen deutlich höher als in den deutschen. In rund der Hälfte aller ostdeutschen Kreise ist fast ein Viertel der Bevölkerung älter als 65 Jahre. Für Zuwanderung attraktive Ballungsräume sowie einige Regionen mit hoher Fertilität bleiben hingegen relativ jung. Anteil über 65-Jähriger an der Gesamtbevölkerung, 9 unter % % bis unter 23% 23% und mehr Extremwerte in Klammern (28,%) Sendai (29,%) Nagoya Tokio Fukuoka Ōsaka (15,2%) Okinawa (17,4%) RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistics Bureau of Japan; eigene Berechnungen: Kühntopf und Ockert. 121

8 1.7 Landesweites Schrumpfen, regionales Wachstum Die im Landesdurchschnitt negative Bevölkerungsentwicklung zeigt in beiden Ländern erhebliche regionale Unterschiede. Neben den vielen schrumpfenden gibt es auch einige wachsende Regionen. Dabei handelt es sich meist um größere Zentren oder deren Umland. Bevölkerungswachstum, unter -8% -8% bis unter % % bis unter 1% 1% und mehr Sendai Nagoya Tokio Fukuoka Ōsaka Okinawa RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistics Bureau of Japan; eigene Berechnungen: Kühntopf und Ockert. 122

9 1.8 Demografie auf Landesebene: Mecklenburg-Vorpommern Die Bevölkerungszahl ist seit 199 um 13 Prozent gesunken und wird voraussichtlich weiter abnehmen. Betroffen sind vor allem östliche Landkreise und die kreisfreien Städte. Mecklenburg-Vorpommern war bei der Wiedervereinigung das jüngste Bundesland, zwischendurch das Älteste und ist heute an fünfter Stelle. Bevölkerungswachstum, unter -% -% bis unter -1% -1% bis unter % % und mehr -,1% Altersstruktur der Bevölkerung (in 1.) (-19%) Stralsund (-21%) +25% -12% Greifswald (-18%) 4-12% Wismar (-19,9%) +8% -18% -22% -24% -1% Schwerin (-25%) -11% Neubrandenburg (-27%) -3% -9,6% Bevölkerung 1,91 Mio. 1,65 Mio. 1,49 Mio. Ø Alter 35,8 45,1 5,8 RZ-Grafik / Datenquellen: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Kühntopf et al. (11); eigene Berechnungen: Kühntopf und Ockert. 123

10 1.9 Demografie auf regionaler Ebene in Japan: Hokkaido Hokkaido ist ähnlich dünn besiedelt wie Mecklenburg-Vorpommern. Von 199 bis 5 stagnierte die Bevölkerung, was nur dem Wachstum der bevölkerungsstärksten Unterpräfektur Ishikari zu verdanken ist. Bis 3 wird voraussichtlich auch sie schrumpfen. Hokkaido war 199 und wird 3 rund 2 Jahre älter als MV sein. Bevölkerungswachstum, unter -13% -13% bis unter -5% -5% bis unter % % und mehr -18% Altersstruktur der Bevölkerung (in 1.) % -4,7% -8% 4 Asahikawa -12,9% -11% -9% -13,% +14% -4% -,5% % -7% Hakodate -13,% Bevölkerung 5,64 Mio. 5,63 Mio. 4,68 Mio. Ø Alter 37,7 44,3 52,6 RZ-Grafik / Datenquellen: Statistics Bureau of Japan, Basis National Population Census, Institute of Population and Social Security Research; eigene Berechnungen: Ockert. 124

11 1.1 Essen,, : 3 Städte, 3 Entwicklungen Die Altersstrukturen deutscher Städte unterscheiden sich erheblich. Neben der Fertilitätsentwicklung ist vor allem die altersspezifische Migration ein wesentlicher Einflussfaktor. Junge Menschen zieht es zur Ausbildung in die (Universitäts-) Städte, wo es häufig auch Arbeitsplätze gibt. Familien und Ältere wandern eher ab. männlich Altersstruktur der Bevölkerung, 9 (jeweils in 1.) Essen 8 weiblich männlich 8 weiblich männlich 8 weiblich ,5 9 4,5 4,5 9 13,5 2 1,5 1,5,5 1 1,5 2 Ø Wanderungssaldo, 7-9 1) (je 1. Einwohner der jeweiligen Altersgruppe) Ruhestandswanderer (über 65 Jahre) Ältere Wanderer (5-64 Jahre),8,4 Arbeitsplatzwanderer (25-29 Jahre) Ausbildungsplatzwanderer (18-24 Jahre) Familienwanderer (unter 18, 3-49 Jahre) 1) Daten : RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; eigene Berechnungen: Kühntopf, Ockert und Korb. 125

12 1.11 Landkreise: Auf die Lage kommt es an Agglomerationsnahe Landkreise, wie Groß-Gerau und der Rhein-Sieg-Kreis, profitieren häufig von ihrer Nähe zu den Ballungszentren. Randregionen, wie die Uckermark, sind die Verlierer: Wirtschaftlicher Niedergang und Wegzug der Jungen führen zur stärkeren Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung. männlich Altersstruktur der Bevölkerung, 9 (jeweils in 1.) Groß-Gerau Rhein-Sieg-Kreis Uckermark weiblich männlich weiblich männlich weiblich ,5 2 1,5 1,5,5 1 1,5 2 2, ,5 1,5,5 1 1,5 Ø Wanderungssaldo, 7-9 (je 1. Einwohner der jeweiligen Altersgruppe) Ruhestandswanderer (über 65 Jahre) Ältere Wanderer (5-64 Jahre) Arbeitsplatzwanderer (25-29 Jahre) Ausbildungsplatzwanderer (18-24 Jahre) Familienwanderer (unter 18, 3-49 Jahre) RZ-Grafik / Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; eigene Berechnungen: Ockert und Korb. 126