Fortgeschrittenenübung Zivilrecht. 16. Oktober 2023

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1 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Recht des Geistigen Eigentums mit Informationsrecht und IT-Recht (GRUR-Lehrstuhl) Prof. Dr. Matthias Leistner LL.M. (Cambridge) Fortgeschrittenenübung Zivilrecht 16. Oktober 2023 Wintersemester 2023/24

2 Allgemeine Hinweise Anmeldung über LSF bis 30. Oktober Informationen beim Prüfungsamt Keine gesonderte Anmeldung für die Klausuren Nachteilsausgleich: Bitte Nachricht an das Sekretariat des LS mit Bescheinigung Zahlreiche Materialien und Hilfestellungen im Moodle Sachverhalt stets zuvor im Netz (Vorbereitung unerlässlich!) Ausformulierte Lösungsskizze und Folien spätestens am Tag nach der VL Ergänzende Materialien zum Lernen Forum für Fragen Üben, üben, üben dazu nochmals sogleich!

3 Allgemeine Hinweise Vorlesung Arbeiten Sie mit! Zeitrahmen der Vorlesung Klausuren Rechtzeitig zur Einlasskontrolle erscheinen Insgesamt gilt: Harte Arbeit, gute Noten.

4 Das Lernen Klausuren schreiben, nicht Material horten Arbeiten statt Materialiensammeln Üben ( machen ), was tatsächlich geprüft wird Nur so werden beim Lernen die inhaltlichen Schwerpunkte richtig gesetzt Nur so vermeidet man Selbstbetrug ( das Lehrbuch habe ich aber mit wirklich gutem Gefühl gelesen ; klingt doch alles ganz leicht ) Nur so erzielt man die notwendige Routine Quellen: Fallsammlungen, JuS/JA/Jura, alte AG- Fälle (es gibt genug) Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

5 Die Klausur Schritt 1: Sachverhalt erfassen Sonst löst man einen gar nicht gestellten Fall Spontane Ideen an die Seite schreiben, ansonsten durchlesen Reizwörter wahrnehmen (Bsp: der bislang immer zuverlässige und sorgsam instruierte A Exkulpation bei 831 BGB?; A der seine Tochter natürlich liebt und sich für deren Schutz verantwortlich fühlt VSD usf.) Sich unjuristisch-lebensnah in Problematik und Konflikt hineinversetzen (mitfühlen) Problemliste (s. sogleich) Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

6 Die Klausur Schritt 1 (Forts.): Sachverhalt erfassen Lebensnah interpretieren Keine Sachverhaltsquetsche Notfalls an gesetzlicher Beweislast orientieren (Vermutungsregeln, nicht nur: 280 I 2, zb auch 1006 u.a.m.) Passende Hilfstechniken nutzen Unterstreichungen (Marker etc.) Diagramme (immer ab 3 Personen) Skizzierung des zeitlichen Ablaufs Problemliste mit assoziierten als relevant erkannten Problemen ( Was will der Klausurersteller? ) Schritt 2: Fallfrage lesen Wer etwas anderes beantwortet, bekommt vielleicht Anerkennung, aber keinerlei Punkte Keine Fallfragenquetsche Auch: Was ist aus der Problemliste relevant? Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

7 Die Klausur Schritt 3: Lösungsskizze erstellen Detaillierte Gliederung anfertigen Hierfür viel Zeit aufwenden (Im Staatsexamen ruhig die Hälfte, in der FÜ bis zu 40 Minuten) Roten Faden suchen wie geht es schön weiter? Echoprinzip beachten Alles verwertet? Problemliste abgearbeitet? Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

8 Die Klausur Insbesondere: Gliedern Richtige Gedanken nicht einfach irgendwo/ irgendwie erwähnen, sondern dort, wo es als Tatbestandsmerkmal relevant wird Detaillierte Gliederung erstellen Muss geübt werden. Detailliert heißt aber nicht, die Lösung zweimal zu schreiben! Stichpunkte, Abkürzungen! Gliederungspunkte und -ebenen [A. I. 1. a) aa) aaa) (1)] sollten bereits eingehalten werden, damit das Niederschreiben leichter fällt. Gliederung sollte die Problemschwerpunkte wiedergeben (Probleme unterbringen, zutreffend einordnen! und abhaken ) Jede Klausur hat ihre ganz eigene, individuelle Struktur Beim Üben ruhig in den Lehrbüchern nachlesen dafür sind sie da Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

9 Die Klausur Schritt 4: Runterschreiben Kontrolliertes Schreiben: Immer Gesamtzeit und Gliederung im Auge behalten Auch als AnwältIn (und bei der normalen Hausarbeit) sind strikte Fristen zu beachten. Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

10 Die Klausur: Gliederung Grundschema Ggf. Aufteilung in 2-Personen-Verhältnisse (z.b. A B; B A; B C; C B; A C; C A) Ggf. Unterscheidung nach Anspruchsgegenstand: Was wird verlangt: Erfüllung, Besitz/Eigentum, Schadensersatz? Anspruchsgrundlagen (zur genauen Reihenfolge vgl. gleich) für den jeweiligen Anspruchsgegenstand Obersatz Tatbestandsmerkmale für die jeweilige Anspruchsgrundlage Subsumtion Zwischenergebnis: Anspruch entstanden? Einwendungen: Anspruch vernichtet? Einreden: Durchsetzung des Anspruchs gehemmt? Ergebnis Dabei beachten Merkhilfe: Wer gegen wen was woraus Klassisches Schema: A. I. 1. a) aa) aaa) (1) Je genauer, desto besser Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

11 Die Klausur: Prüfungsreihenfolge Sinnvolle Reihenfolge I. Vertragliche bzw. vertragsähnliche Ansprüche 1. Primäransprüche (etwa aus Kaufvertrag, vgl. 433 Abs. 2 BGB) 2. Culpa in contrahendo, Leistungsstörungen (z.b. 280) 3. Geschäftsführung ohne Auftrag ( 677 ff.) II. Dingliche Ansprüche (z.b. 985, 1007, 861) III. Ansprüche aus EBV ( 987 ff.) IV. Ungerechtfertigte Bereicherung ( 812 ff.) V. Deliktische Ansprüche ( 823 ff.) Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

12 A. Grundsätzlich: Gutachtenstil Die Klausur: Gutachten- und Urteilsstil Obersatz: E könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Buches nach 985 BGB haben 4 Aspekte (Wer gegen wen was woraus)! Tatbestandsvoraussetzungen: Dies setzt voraus, dass E Eigentümer und B Besitzer des Buches ist Subsumtion: Besitz wird in 854 I BGB als tatsächliche Herrschaft über die Sache definiert. Im vorliegenden Fall übt B die tatsächliche Gewalt über das Buch aus und ist damit Besitzer. Weiterhin Ergebnis: Damit hat E einen Anspruch gegen B auf Herausgabe des Buches nach 985 BGB Ggf. Einwendungen Ggf. Einreden Ergebnis B. Unproblematisches: Urteilsstil Das Buch ist eine Sache, vgl. 90 BGB Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

13 Die Klausur: Darstellung von Meinungsstreitigkeiten Problembewußtsein, Strukturierungsfähigkeit & Argumente, nicht Wissen! Bei Jura gilt: Problem erkannt, Gefahr gebannt! Statt Argumente oder Theorien auswendig zu lernen, muss ein Problembewusstsein entwickelt werden Hier liegt die Herausforderung Wege hierzu: Normalfallmethode und lebensnahes Denken Normalfallmethode (erschließt Sinn und Zweck der Norm) Lebensnahe Einfühlung in den Sachverhalt und seiner Konflikte In Klausuren auch taktisch denken Welche Auswirkungen hat die Entscheidung für die weitere Prüfung des Falles (wie läuft dessen roter Faden)? Das Ergebnis muss stimmen, ruhig das Rechtsgefühl befragen Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

14 Aus dem Nähkästchen geplaudert: Die Korrektur Worauf achtet der Korrektor? Er muss die Arbeit überhaupt lesen können Sprache, Stil, Formalien Klarer Aufbau ( Gliederung!), Obersätze Schwerpunktsetzung Argumente, sachverhaltsnahe Problemerörterung Grobe Schnitzer (z.b. Abstraktions- und Trennungsprinzip; Verwechslung der Schadensarten bei 280 ff. ) Erst die Pflicht, dann die Kür. Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

15 Die Korrektur Anwendung des Rechts auf den Fall o Arbeit am und mit dem Gesetz (kein Geschwafel ), wo eine Norm passt: präzise zitieren o Arbeiten am und mit dem Sachverhalt o Keine abstrakte Wiedergabe von Lehrbuchwissen, keine Sachverhaltsschilderung (ist beides schon bekannt) Probleme und Rechtsfragen müssen dort diskutiert werden, wo sie als Tatbestandsmerkmal relevant werden Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. Dr. Markus Rehberg

16 Sachverhalt Fall 1 B ist Geschäftsführer der Münchner Werbeagentur GmbH (W-GmbH), die unter anderem regelmäßig für die Möbel4U GmbH (M-GmbH) mit Sitz in München arbeitet. Als B eines Tages nach einem Gespräch mit dem alleinigen Geschäftsführer X der M-GmbH aus dessen Büro kommt, sieht er im dortigen Verkaufsraum der M-GmbH ein Werbeschild, welches auf hochwertige Bibliotheksregale der Marke Paschen hinweist. Die M-GmbH erhält in regelmäßigen Abständen von der Paschen AG (P) dem Hersteller der Bibliothek Lieferungen mit verpackten Bibliotheken, die sie stichprobenartig sofort untersucht und noch nie einen Mangel hat feststellen können. B beschließt, für sein im Dachboden befindliches Wohnzimmer eine Bibliothek zu erwerben. Dort empfängt B hin und wieder auch ausgewählte Geschäftspartner der W-GmbH. Er entscheidet sich für eine bereits fertig zusammengestellte Ausführung aus dem Bestand der M-GmbH mit Echtholzfurnier aus Kirschbaum (Modell: Kirschbaum bernsteinfarbig, Länge 5 Meter, Höhe 2 Meter), welche er sofort bezahlt. Noch am selben Tag wird die Bibliothek dann, wie vereinbart, in einem Paket an den Geschäftssitz der W-GmbH geliefert. B hatte im Bestellschein diese Adresse als Liefer- und Rechnungsadresse angegeben. Von dort transportiert er das Paket dann abends zu seinem Haus in Bogenhausen.

17 Sachverhalt Fall 1 Da B handwerklich nicht sonderlich begabt ist, verstaut er das Paket zunächst in seinem Keller. Einen Monat später fragt er den Handwerker H, ob dieser ihm für 700 die Bibliothek auf- und in seinen Dachboden einbauen würde. Dieser stimmt zu. Eine Rechnung, so der knauserige B, benötige er dabei nicht. Auch dem H ist diese Vereinbarung nur recht. Er hat ohnehin kein Interesse daran, die lästige Umsatzsteuer abzuführen. Nachdem H die Bibliothek ordnungsgemäß zusammengebaut hat, fällt B bei erster Inaugenscheinnahme eine ungewöhnlich dunkle Schattierung des Kirschbaumholzfurniers auf, welche sich fast über die gesamte Bibliothek zieht. Eine solche Schattierung wird in der Produktbeschreibung der P mit keinem Wort erwähnt. B vermutet zunächst unsachgemäßes Arbeiten des H und zahlt diesem rein vorsorglich den vereinbarten Lohn nicht aus. Seine Bücher räumt er gleichwohl ein.

18 Sachverhalt Fall 1 Nach zwei Wochen reklamiert er die Bibliothek dann schließlich doch bei der M-GmbH. Auf die Rückfrage des X, wieso er denn damit erst jetzt komme, antwortet B, dass er das Paket zunächst einen Monat in seinem Keller zwischengelagert habe und sie erst in den letzten zwei Wochen aufgebaut wurden. Die Schattierung habe er erst nach dem Aufbau bemerkt. Weil diese seinem Gefühl nach immer dunkler würde, komme er erst jetzt. X meint, es sei ja kein Wunder, dass sich das Holz verfärbe, wenn er es in seinem dunklen und sicherlich nasskalten Keller lagere. Kirschbaumholz sei eine sehr empfindliche Holzart. B lässt sich von den Ausführungen des X jedoch nicht irritieren. Er weist den Vorwurf eines nassen Kellers entschieden zurück. Die Verfärbungen hätten genauso gut auch schon bestehen können, als er die Bibliothek von der M-GmbH geliefert bekommen habe. Er besteht darauf, dass er von M-GmbH gegen Rückgabe der alten eine neue Bibliothek erhalte. Zudem sei es ja wohl selbstverständlich, dass die M-GmbH auch die Kosten für den Ausbau der alten und den erneuten Einbau einer neuen Bibliothek übernehme. Für den Ausbau der alten und den Einbau der neuen Bibliothek habe er sich bereits einen Kostenvoranschlag vom besonders zuverlässigen Handwerkermeister U geholt, der sich auf Luxusmöbel spezialisiert hat. Für den Ausbau der alten und den Einbau der neuen Bibliothek verlangt U

19 Sachverhalt Fall 1 X meint, eine neue Bibliothek im Wert von zu liefern, stehe in keinem Verhältnis zu den paar dunklen Flecken. Außerdem könne B die bereits gelieferte Bibliothek doch funktionsfehlerfrei verwenden. Diese sei was korrekt ist aufgrund der Verfärbung maximal 500 weniger wert. Sollte er aber schon eine neue Bibliothek liefern müssen, stehe es in keinem Verhältnis, nun auch noch die gesalzenen Preise von U zu bezahlen. Dieselben Arbeiten würden was der Wahrheit entspricht bei einem durchschnittlichen Handwerker kosten. Sollte die M-GmbH doch zu etwas verpflichtet sein, dann schulde B zumindest ein (angemessenes) Entgelt i.h.v. 150 für den Gebrauch der Bibliothek. Daraufhin verlässt B das Geschäft der M-GmbH. Als drei Wochen später immer noch nichts passiert ist, holt er ein Gutachten des Sachverständigen T ein. Dieses führt aus:

20 Sachverhalt Fall 1 Im Ergebnis könnte es sein, dass die Verfärbungen der Bibliothek allein auf ein fehlerhaftes Herstellungsverfahren zurückzuführen sind. Grundsätzlich werden Kirschbaumholzfurnierblätter mit der Säge vom Baumstamm abgetrennt (sog. Säge-verfahren). Hier könnte jedoch nicht das Säge-, sondern das sog. Schälverfahren angewandt worden sein. Im Laufe dieses Verfahrens kann es durch Dämpfen der Baumstämme zu Farbveränderungen. [...] Allerdings können die Verfärbungen genauso auch auf eine fehlerhafte Lagerung im Keller des B beruhen. Bei entsprechendem Kälte- und Nässeeinfluss könnte es sein, dass das Holz derartige Veränderungen zeigt. Ob der Keller des B im Zeit-punkt der Lagerung eine solche Nässe und Kälte aufgewiesen hat, kann im Nachhinein allerdings nicht mehr beurteilt werden. [...] Darüber hinaus ist anzumerken, dass ein Reinigen oder Ersetzen der Furniere an der Bibliothek technisch nicht möglich ist. [...]

21 Sachverhalt Fall 1 B beauftragt daraufhin die Rechtsanwältin R, sein Begehren gerichtlich zu verfolgen. Am 5. Juli 2023 erhebt R sodann namens und mit Vollmacht des B Klage gegen die M-GmbH beim Landgericht München I. In dem Verteidigungsschriftsatz führt S, der Rechtsanwalt der M-GmbH, die schon von X gegenüber B geäußerten Einwände an. Im darauf anberaumten ersten Verhandlungstermin erscheint nur X, nicht jedoch S. Auf Antrag der R erlässt der Richter ein stattgebendes Versäumnisurteil, das dem S am 29. September 2023 zugestellt wird. Dieser verfasst ein Rechtsbehelfsschreiben und gibt dieses am 13. Oktober 2023 seinem Mitarbeiter F mit der Bitte, es wie üblich noch am selben Tag beim Gericht einzuwerfen. F, der am Abend seinen Geburtstag feiern will, vergisst dies jedoch unter den Vorbereitungen für seine Feier. Dies ist dem stets zuverlässigen F noch nie passiert. Erst am Montag, den 16. Oktober entdeckt er das Schreiben wieder auf seinem Schreibtisch und bringt es schnell zu Gericht, nachdem er S informierte.

22 Fallfragen Fall 1 Frage 1: a) Kann der Anwalt S etwas tun, um den Prozess in die Lage vor Erlass des Urteils zu versetzen? b) Bestehen die von B geltend gemachten Ansprüche? Frage 2: Steht dem H gegen B ein Vergütungsanspruch wegen des Auf- und Einbaus der Bibliothek zu?

23 Exkurs: Das Versäumnisurteil Das Versäumnisurteil, 330 ff. ZPO Wenn eine Partei nicht zum Termin der mündlichen Verhandlung erscheint ( 330 ZPO; oder nicht verhandelt, 333 ZPO) Üblicherweise wird 15 Minuten gewartet Ein VU ist ein vollstreckbares Endurteil! Die unterliegende Partei kann sich mit einem Einspruch ( 338 ff. ZPO) innerhalb von 2 Wochen wehren (dadurch wird der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand, 342 ZPO)

24 Exkurs: Das Versäumnisurteil Säumnis des Klägers Säumnis Antrag des Gegners Kein Erlasshindernis ( 335, 337) Zulässigkeit der Klage Säumnis des Beklagten Säumnis Antrag des Gegners Kein Erlasshindernis ( 335, 337) Zulässigkeit der Klage Schlüssigkeit der Klage

25 Exkurs: Das Versäumnisurteil Säumnis des Klägers Säumnis Säumnis des Beklagten Säumnis Beachte: (1) Auch, wenn keine postulationsfähige Person erscheint, um zu verhandeln (vgl. 333 ZPO). (2) VU kann in der Praxis auch taktisches Mittel sein!] (am Landgericht sind nur zugelassene Rechtsanwälte postulationsfähig, 78 I 1 ZPO)

26 Skizze Fall 1 Frage 1a) Kann der Anwalt S etwas tun, um den Prozess in die Lage vor Erlass des Urteils zu versetzen? Klageerhebung durch R namens und mit Vollmacht des B. Verhandlungstermin X erscheint, S jedoch nicht VU wird S zugestellt Übergabe des Schreibens an F F entdeckt das Schreiben auf seinem Schreibtisch und informiert S.

27 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S Ein echtes Endurteil liegt in Form des Versäumnisurteils vor. Der Prozess könnte jedoch nach 342 ZPO in die Lage vor Erlass des Urteils versetzt werden. Dies setzt einen zulässigen Einspruch voraus. S muss also Einspruch erheben. A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit, 338 ZPO Vrs.: Vorliegen eines echten VU gegen den Einspruchsführer Hier (+), das Urteil ist gegen die säumige Partei gerade wegen ihrer Säumnis ergangen. Säumnis hier in Form des Nichtverhandelns nach 333 ZPO es handelt sich um einen Anwaltsprozess gem. 78 I 1 ZPO und X ist nicht postulationsfähig.

28 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S II. Form (Einspruchsschrift, 340 ZPO) mangels entgegenstehender Anhaltspunkte (+) III. Frist, 339 I ZPO Gem. 222 I ZPO gelten Vorschriften der 187 ff. BGB. Fristbeginn der Ereignisfrist ( 187 I BGB): Zustellung des VU am Fristbeginn somit am , 00:00 Uhr. Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen ( 339 I ZPO) Fristende: Gem. 188 II BGB der um 23:59. Brief wurde erst am eingeworfen Frist versäumt. Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. 233 ZPO?

29 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO (+), wenn eine Notfrist (oder weitere wiedereinsetzungsfähige Frist) insgesamt objektiv versäumt wurde Frist = Notfrist, wenn sie nicht durch Vereinbarung der Parteien abgekürzt werden kann und ausdrücklich in der ZPO als solche bezeichnet wird ( 224 I 1 und 2 ZPO) Die Einspruchsfrist ist gem. 339 I ZPO eine Notfrist

30 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S b) Zuständigkeit 237 ZPO: Das Gericht zuständig, das auch über die versäumte Prozesshandlung zu befinden hat. Vorliegend: LG München I. c) Form und Frist Form: Parteiantrag (Form des 236 I ZPO) hier also Schriftform, da Einspruch gem. 340 ZPO schriftlich erfolgen muss. Inhalt: Gem. 236 I 1 ZPO Angabe und Glaubhaftmachung ( 294 ZPO) der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen (hier z.b. durch eidesstattliche Versicherung des F möglich).

31 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S Frist: Beträgt zwei Wochen und beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist, zu laufen ( 234 I, II ZPO). Hindernis ist in dem Zeitpunkt behoben, in dem der Grund für die Verhinderung wegfällt oder das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Hier: Gegeben, sobald der F den S von seinem Fehler in Kenntnis setzt.

32 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung Fristgebundene Schriftsätze müssen bis spätestens um 23:59 Uhr des letzten Tages des Frist in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangen. Hier: M-GmbH hat die Einhaltung der Frist dem Prozessbevollmächtigten S übertragen. Durch das Versehen des F ist das Rechtsbehelfsschreiben nicht rechtzeitig beim Gericht eingegangen, sodass die Partei an der Fristwahrung gehindert wurde.

33 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung b) Ohne Verschulden aa) Verschulden des F? Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S b) Ohne Verschulden Eigenes Verschulden der M-GmbH (-). Aber: Zurechenbares Verschulden eines Bevollmächtigten gem. 85 II ZPO? Nach 85 II ZPO gilt jedes Verschulden des Bevollmächtigten als ein Verschulden der Partei aa) Verschulden des F? Prozessbevollmächtigter ist derjenige, der den Auftrag zur Vertretung wirksam erhalten und angenommen hat. Büroangestellte sind daher nicht Bevollmächtigte i.s.d. 85 II ZPO, mithin kann das Verschulden des F der M-GmbH auch nicht zugerechnet werden

34 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S bb) Verschulden des Rechtsanwalts S M-GmbH hat S mit der Wahrnehmung ihrer Interessen und dem Verfassen eines Rechtsbehelfsschreibens beauftragt. S ist somit Prozessbevollmächtigter der M-GmbH i.s.d. 85 II ZPO S hat Schreiben ordnungsgemäß und rechtzeitig angefertigt. Aber: Organisationsverschulden? b) Ohne Verschulden aa) Verschulden des F? bb) Verschulden des RA S

35 Frage 1a) Lösung Fall 1 A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung b) Ohne Verschulden aa) Verschulden des F? Verschulden in Form des Organisationsverschuldens Ordnungsgemäße Auswahl und Überwachung des Büropersonals sowie Schaffung einer Büroorganisation, die bei der Berechnung und Überwachung von Fristen Fehler soweit wie möglich ausschließt, ist eine eigene Pflicht des Rechtsanwalts. Verletzungen dieser sind dem Anwalt als eigenes Verschulden anzulasten und damit auch der Partei gem. 85 II ZPO zuzurechnen. Nicht zuzurechnen sind jedoch individuelle Fehler des Büropersonals, die sich auch bei optimaler Organisation nicht vermeiden oder rechtzeitig entdecken lassen (st. Rspr). bb) Verschulden des RA S

36 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung b) Ohne Verschulden Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S bb) Verschulden des Rechtsanwalts S S hat den F laut Sachverhalt ordnungsgemäß ausgesucht und überwacht. Er hat ihm wie üblich den fertigen Schriftsatz mit dem Hinweis übergeben, diesen unbedingt noch am selben Tag an das Gericht weiterzuleiten. Auf die Einhaltung derartiger Einzelanweisungen an zuverlässiges Personal darf der Anwalt grds. vertrauen aa) Verschulden des F? bb) Verschulden des RA S

37 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags cc) Zwischenergebnis Der Fehler des F ist dem S nicht als eigenes Verschulden zuzurechnen. Somit ist auch der M-GmbH das Verschulden des F nicht als eigenes Verschulden gem. 85 II ZPO zuzurechnen. a) Verhinderte Fristwahrung b) Ohne Verschulden aa) Verschulden des F? bb) Verschulden des RA S cc) Zwischenergebnis

38 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung b) Ohne Verschulden aa) Verschulden des F? bb) Verschulden des RA S cc) Zwischenergebnis c) Ursächlichkeit 3. Zwischenergebnis Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S c) Ursächlichkeit Ursächlich = jedes Verschulden der Partei / ihres Vertreters, bei dessen Fehlen die Frist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht versäumt worden wäre Hier: Wenn der F die Anweisungen des S befolgt und den Schriftsatz noch am selben Abend beim Gericht eingeworfen hätte, wäre die Frist gewahrt worden. Ursächlichkeit damit (+) 3. Zwischenergebnis Wiedereinsetzungsantrag zulässig und begründet es kann über den Einspruch verhandelt werden, 238 ZPO

39 Frage 1a) A. Zulässigkeit des Einspruchs I. Statthaftigkeit II. Form, 340 ZPO III. Frist, 339 I ZPO 1. Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags a) Statthaftigkeit des Antrags, 233 ZPO Lösung Fall 1 Frage 1 a): Möglichkeiten des Anwalts S B. Ergebnis Der Einspruch ist zulässig. b) Zuständigkeit c) Form und Frist 2. Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags a) Verhinderte Fristwahrung b) Ohne Verschulden aa) Verschulden des F? bb) Verschulden des RA S cc) Zwischenergebnis c) Ursächlichkeit 3. Zwischenergebnis Merke: Konsequenz des zulässigen Einspruchs ist, dass der Prozess gem. 342 ZPO in die Lage vor Säumnis zurückversetzt wird. Es schließt sich die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit der ursprünglichen Klage an. B. Ergebnis

40 631 BGB 433 BGB Skizze Fall 1 Frage 1b) Bestehen die von B geltend gemachten Ansprüche? B Geschäftsführer der W-GmbH 433 BGB M-GmbH vertreten durch X H P

41 Frage 1b) A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB I. Vertragsschluss gemäß 433 BGB II. Mangel bei Gefahrübergang 1. Mangelbegriff Lösung Fall 1 Frage 1 b) Ansprüche des B gegen die M-GmbH A. Nachlieferung aus 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB I. Wirksamer Vertragsschluss gemäß 433 BGB: zwei übereinstimmende Willenserklärungen zwischen B und der durch X nach 164 I, III BGB, 35 I 1 GmbHG vertretenen M-GmbH II. Mangel bei Gefahrübergang nach 434 I 1 BGB 1. Mangelbegriff a) 434 II Nr. 1 BGB -> keine Beschaffenheitsvereinbarung b) 434 II Nr. 2 BGB -> keine bestimmte vertraglich vorausgesetzte Verwendung c) 434 III 1 Nr. 2 BGB -> Eignung zur gewöhnlichen Verwendung als Bibliotheksregale zwar möglich, Schattierung jedoch keine übliche und erwartbare Beschaffenheit (vgl. auch 434 I 3 mit Blick auf Produktbeschreibung der P)

42 Frage 1b) A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB I. Vertragsschluss gemäß 433 BGB II. Mangel bei Gefahrübergang 1. Mangelbegriff 2. Bei Gefahrübergang a) Zeitpunkt nach 446 BGB b) Vorliegen bei Übergabe aa) Beweislast bb) Beweisbarkeit cc) Beweislastumkehr nach 477 BGB i. Verbrauchsgüterka uf Lösung Fall 1 Frage 1 b) Ansprüche des B gegen die M-GmbH 2. Bei Gefahrübergang a) Zeitpunkt des Gefahrübergangs nach 446 S. 1 BGB: Übergabe der Kaufsache b) Vorliegen des Mangels bei der Übergabe der Bibliothek? aa) Beweislast grundsätzlich beim Anspruchsteller B bb) Beweisbarkeit -> nicht gegeben, auch das Sachverständigengutachten ist unergiebig cc) Beweislastumkehr nach 477 BGB i. Verbrauchsgüterkauf gemäß 474 I 1 BGB M-GmbH als Unternehmerin i.s.d. 14 BGB B als Verbraucher i.s.d. 13 BGB: Abschluss des Kaufvertrages nicht zu überwiegend beruflichen Zwecken Empfang von Geschäftspartnern der W-GmbH im Wohnzimmer des B Angabe der W-GmbH als Liefer- und Rechnungsadresse ZE: B als Verbraucher i.s.d. 13 BGB

43 Frage 1b) A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB I. Vertragsschluss gemäß 433 BGB II. Mangel bei Gefahrübergang 1. Mangelbegriff 2. Bei Gefahrübergang a) Zeitpunkt nach 446 BGB b) Vorliegen bei Übergabe aa) Beweislast bb) Beweisbarkeit cc) Beweislastumkehr nach 477 BGB i. Verbrauchsgüterka uf ii. Rechtsfolge iii.zwischenergebnis 3. Zwischenergebnis Lösung Fall 1 Frage 1 b) Ansprüche des B gegen die M-GmbH Bibliothek als Ware isd 241a BGB ZE: Verbrauchsgüterkauf gemäß 474 I 1 BGB liegt vor ii. Wirkung des 477 BGB Widerlegliche Vermutung der Mangelhaftigkeit bei Gefahrübergang, wenn sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten zeigt Ausnahme: Unvereinbarkeit der Vermutung mit dem Mangel Offensichtlichkeit des Mangels wegen Äußerlichkeit Aber: keine Prüfpflichten und Rügeobliegenheiten des B als Verbraucher ZE: Vermutung mit Mangel vereinbar iii. ZE: Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang vermutet und nicht widerlegt 3. ZE: Mangel lag bei Gefahrübergang vor

44 Frage 1b) A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB I. Vertragsschluss gemäß 433 BGB II. Mangel bei Gefahrübergang III. Durchsetzbarkeit 1. Einrede des 439 IV BGB a) Einrede erhoben b) Unverhältnismäßigkeit Lösung Fall 1 Frage 1 b) Ansprüche des B gegen die M-GmbH III. Durchsetzbarkeit 1. Einrede des 439 IV 1 BGB a) Einrede erhoben b) Unverhältnismäßigkeit: Relative Unverhältnismäßigkeit: Verlangte Art der Nacherfüllung ist möglich, aber im Vergleich zur Alternativen unverhältnismäßig teuer -> vorliegend ist Nachbesserung aber unmöglich nach 275 I BGB Absolute Unverhältnismäßigkeit: Kosten der Nacherfüllung übersteigen 150% des Wertes der mangelfreien Sache oder 200% des merkantilen Minderwertes (Mangelunwerts) Im Fall: Zweite Alternative greift, da die Nachlieferungskosten von die 200% des Mangelunwertes i.h.v. 2x500 = übersteigen (zu den zu addieren sind wohl die Einbaukosten ihv ; selbst wenn man den Wert in mangelhaftem Zustand ihv abzieht, ergibt dies und somit mehr als ) Nachlieferung der Bibliothek ist unverhältnismäßig

45 Frage 1b) A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB I. Vertragsschluss gemäß 433 BGB II. Mangel bei Gefahrübergang III. Durchsetzbarkeit Lösung Fall 1 Frage 1 b) Ansprüche des B gegen die M-GmbH IV. Ergebnis: Anspruch auf Nachlieferung aus 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB besteht nicht. 1. Einrede des 439 IV BGB a) Einrede erhoben b) Unverhältnismäßigkeit c) Ausschluss d) Zwischenergebnis 2. Einrede des 320 I 1 BGB 3. Zwischenergebnis IV. Ergebnis

46 Frage 1b) A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB B. Erstattung 437 Nr. 1, 439 III 1 BGB I. Kaufvertrag II. Mangel bei Gefahrübergang III. Rechtsfolge des 439 III BGB 1. Art und Verwendungszweck 2. Erforderlichkeit der Kosten Lösung Fall 1 Frage 1 b) Ansprüche des B gegen die M-GmbH B. Erstattung der Aus- und Einbaukosten der neuen Bibliothek aus 437 Nr. 1, 439 III 1 BGB Der Anspruch besteht nicht, da kein Nachlieferungsanspruch besteht (vgl. 439 III BGB: im Rahmen der Nacherfüllung ).

47 Frage 1b) Lösung Fall 1 A. Nachlieferung 437 Nr. 1, 439 I Alt. 1 BGB B. Erstattung 437 Nr. 1, 439 III 1 BGB C. Gesamtergebnis C. Gesamtergebnis der Frage 1b) B hat gegen die M-GmbH einen Anspruch auf Nachlieferung einer neuen Bibliothek aus 437 Nr. 1, 439 I Alt. 2 BGB. Hinsichtlich der Kosten für den Aus- und Einbau hat B einen Anspruch aus 437 Nr. 1, 439 III BGB. F I N

48 Skizze Fall 1 Frage 2: Ansprüche des H gegen B Eine Rechnung brauche ich nicht und diese lästige Umsatzsteuer möchte ich ohnehin nicht abführen. H Einbau des Regals 631 BGB (?) B

49 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB I. Vertragsschluss gemäß 631 I BGB 1. Übereinstimmende Willenserklärungen 2. Nichtigkeit nach 138 I BGB 3. Nichtigkeit nach 134 BGB a) Verbotsgesetz b) Beidseitiger Verstoß Lösung Fall 1 Frage 2) Ansprüche des H gegen B A. Zahlung von 700 aus 631 I BGB I. Wirksamer Vertragsschluss gemäß 631 BGB 1. Zwei übereinstimmende Willenserklärungen von B und H 2. Nichtigkeit nach 138 I BGB nur bei Steuerhinterziehung als Hauptzweck 3. Nichtigkeit nach 134 BGB i.v.m. SchwarzArbG a) 1 II Nr. 2 SchwarzArbG als Verbotsgesetz i.s.d. 134 BGB b) Beidseitiger Verstoß aa) Verstoß des H durch Außerachtlassung seiner Rechnungsstellungspflicht nach 14 II Nr. 1 UStG bb) Verstoß des B nicht gegeben mangels Steuerpflichtigkeit bezüglich der Umsatzsteuer cc) ZE: Beidseitiger Verstoß liegt nicht vor

50 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB I. Vertragsschluss gemäß 631 I BGB 1. Übereinstimmende Willenserklärungen 2. Nichtigkeit nach 138 I BGB 3. Nichtigkeit nach 134 BGB a) Verbotsgesetz b) Beidseitiger Verstoß c) Einseitiger Verstoß 4. Zwischenergebnis II. Ergebnis Frage 2) Ansprüche des H gegen B Lösung Fall 1 c) Einseitiger Verstoß ausreichend? Ausnahmsweise ist dies der Fall, wenn der Unternehmer gegen die steuerlichen Pflichten verstößt und der Besteller hiervon weiß, und dies zu seinem Vorteil ausnutzt. Telos: SchwarzArbG soll Schwarzarbeit effektiv bekämpfen und den Unternehmer mit steuer- und strafrechtlichen Sanktionen bestrafen. Bei einem einseitigen Verstoß ist der Besteller grundsätzlich schutzwürdig. Ihm sollen seine Mängelrechte nicht genommen werden. Weiß er vom Verstoß des Unternehmers und nutzt dies aus, verliert er diese Schutzwürdigkeit. ZE: Einseitiger Verstoß im vorliegenden Fall ausreichend 4. ZE: Vertrag nicht wirksam geschlossen II. Ergebnis: Anspruch auf Zahlung von 700 aus 631 I BGB besteht nicht.

51 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB B. Zahlung aus 670, 677, 683 S. 1 BGB I. Fremdes Geschäft II. Ohne Auftrag oder sonstige Verpflichtung III. Fremdgeschäftsführungswille Lösung Fall 1 Frage 2) Ansprüche des H gegen B B. Zahlung von 700 aus 670, 677, 683 S. 1 BGB I. Fremdes Geschäft: jede tatsächliche oder wirtschaftliche Tätigkeit im Pflichtenkreis eines anderen II. Ohne Auftrag oder sonstige Verpflichtung III. Fremdgeschäftsführungswille 1. Grundsatz: Wird beim auch-fremden Geschäft zumindest vermutet 2. Widerlegung: a) Lit: Kein FGW, denn bei nichtigem Vertrag glaubt Leistender auf eigene vertragliche Verpflichtung hin tätig zu werden b) BGH: Vermutung des FGW bei auch-fremdem Geschäft wird nicht widerlegt, denn eine solche Einschränkung ergibt sich nicht aus dem Gesetz c) ZE mit BGH: FGW liegt vor

52 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB B. Zahlung aus 670, 677, 683 S. 1 BGB I. Fremdes Geschäft II. Ohne Auftrag oder sonstige Verpflichtung III. Fremdgeschäftsführungswille IV. Wille des Geschäftsherrn V. Erforderlichkeit VI. Ergebnis Frage 2) Ansprüche des H gegen B Lösung Fall 1 IV. Tätigwerden mit Willen des Geschäftsherrn V. Erforderlichkeit der Aufwendungen: Aufwendung auf eine nach 1 II Nr. 2 SchwarzArbG verbotene Tätigkeit nicht erforderlich VI. Ergebnis: Anspruch auf Zahlung von 700 aus 670, 677, 683 S. 1 BGB besteht nicht.

53 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB B. Zahlung aus 670, 677, 683 S. 1 BGB C. Zahlung aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB I. Etwas erlangt II. Durch Leistung III. Ohne rechtlichen Grund IV. Kein Ausschluss Alt. 1 BGB S. 2 BGB a) Anwendbarkeit Lösung Fall 1 Frage 2) Ansprüche des H gegen B C. Zahlung von 700 aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB I. Etwas erlangt: jede vermögenswerte Position II. Durch Leistung: bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens III. Ohne rechtlichen Grund: 1. Unwirksamer Werkvertrag 2. Beachte: Nach der Lösung des BGH zu 670, 677, 683 S. 1 BGB läge hier ein Rechtsgrund i.f.d. berechtigten Fremdgeschäftsführung vor. Dies übergeht der BGH ohne nähere Begründung. IV. Ausschlussgründe Alt. 1 BGB: keine positive Rechtsfolgenkenntnis des H bezüglich der Nichtigkeit des Vertrags S. 2 BGB a) Anwendbarkeit

54 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB B. Zahlung aus 670, 677, 683 S. 1 BGB C. Zahlung aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB I. Etwas erlangt II. Durch Leistung III. Ohne rechtlichen Grund IV. Kein Ausschluss Alt. 1 BGB S. 2 BGB a) Anwendbarkeit b) Teleologische Reduktion c) Zwischenergebnis Frage 2) Ansprüche des H gegen B Lösung Fall 1 b) Teleologische Reduktion des 817 S. 2 BGB wegen 242 BGB Hintergrund: B dürfte die Leistung des H unentgeltlich behalten, nur weil dieser vorleistungspflichtig war Frühere Rechtsprechung: Bereicherungsrecht als Billigkeitsrecht kann eingeschränkt werden. Das SchwarzArbG verlangt zur Sanktionierung bloß die Nichtigkeit des Vertrages. Der unentgeltliche Vorteil des Bestellers wäre eine unbillige Belastung des Unternehmers. 817 S. 2 BGB ist damit teleologisch zu reduzieren. Heutige Rechtsprechung und Literatur: Teleologische Reduktion würde zu einem Anspruch des Unternehmers aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB führen, ohne dass er überhaupt Mängelrechten ausgesetzt wäre. Dies liefe den Präventionszwecken des SchwarzArbG entgegen. 817 S. 2 BGB ist nicht teleologisch zu reduzieren. b) ZE: Ausschluss nach 817 S. 2 BGB

55 Frage 2) A. Zahlung aus 631 I BGB B. Zahlung aus 670, 677, 683 S. 1 BGB C. Zahlung aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB I. Etwas erlangt II. Durch Leistung III. Ohne rechtlichen Grund IV. Kein Ausschluss Frage 2) Ansprüche des H gegen B Lösung Fall 1 V. Ergebnis: Anspruch auf Zahlung von 700 aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB besteht nicht D. Anspruch auf Zahlung von 700 aus 817 S. 1, 818 II BGB scheitert an 817 S. 2 BGB V. Ergebnis D. Zahlung aus 817 S. 1, 818 II BGB E. Gesamtergebnis E. Gesamtergebnis der Frage 2) H hat keinen Anspruch gegen B auf Zahlung der 700.