12. Vorlesung. 19. Dezember 2006 Guido Schäfer
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- Erich Böhmer
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1 LETZTE ÄNDERUNG: 6. JANUAR 007 Vorlesung: Einführung in die Spieltheorie WS 006/007. Vorlesung 9. Dezember 006 Guido Schäfer 4 Bayesian Games Wir haben bisher immer angenommen, dass jeder Spieler vollständige Information hat und somit die Payoff-Funktionen seiner Mitspieler kennt und seine Entscheidungen auf der Grundlage dieser Information treffen kann. Diese Annahme ist in vielen Situationen nicht angemessen. Ein Bayesian Game stellt eine natürliche Erweiterung eines Spiels in strategischer Form, dar, die es erlaubt, unvollständige Informationen der Spieler zu modellieren. Spieler treffen ihre Entscheidungen auf der Basis ihrer Vermutungen bzgl. der Präferenzen der anderen Spieler. Wir beschreiben die Modellierung zunächst anhand des folgenden Beispiels. Beispiel 4. (Bach oder Stravinsky mit unvollständiger Information). Wir betrachten erneut das Beispiel Bach oder Stravinsky, das wir bereits in Beispiel. untersucht haben. Zur Erinnerung hier nochmal kurz das Setting: Zwei Freunde möchten zusammen in ein Konzert gehen. Spieler bevorzugt Bach, Spieler Stravinsky. Beide möchten lieber gemeinsam als getrennt ins Konzert gehen: Bach Stravinsky Bach (, ) (0, 0) Stravinsky (0, 0) (, ) Angenommen Spieler ist sich nicht sicher, ob Spieler mit ihm ausgehen möchte oder nicht. Er stellt die Vermutung an (etwa aufgrund seiner Erfahrung in der Vergangenheit), dass Spieler mit Wahrscheinlichkeit / mit ihm ausgehen möchte und mit Wahrscheinlichkeit / nicht. ω : Spieler möchte Bach Stravinsky Bach (, ) (0, 0) Stravinsky (0, 0) (, ) ω : Spieler möchte nicht Bach Stravinsky Bach (, 0) (0, ) Stravinsky (0, ) (, 0) Abbildung 9: 57
2 Wir können dies durch zwei Zustände ω und ω darstellen; siehe Abbildung 9. Jeder Zustand charakterisiert das Spiel vollständig und repräsentiert das Spiel in strategischer Form mit vollständiger Information. Wir drücken die Vermutung von Spieler durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P über Ω := {ω,ω } aus: P (ω ) = P (ω ) = /. Spieler weiß, ob er mit Spieler ausgehen möchte oder nicht (er hat vollständige Information). Aus der Sicht von Spieler hat Spieler zwei Typen: Spieler möchte und Spieler möchte nicht. Für einen gegebenen Typen von Spieler und einer Aktion von diesem Typen, kennt Spieler seinen Payoff. Wählt Spieler zum Beispiel die Aktion B (Bach) und die Wahl von Typ des Spielers (Spieler möchte) ist S (Stravinsky), so ist sein Payoff 0. Anhand der Wahrscheinlichkeitsverteilung P von Spieler können wir damit den erwarteten Payoff von Spieler für jede Kombination der Aktionen der Typen von Spieler berechnen: B 0 S 0 Wählt Typ die Aktion S und Typ die Aktion S, so ist der erwartete Payoff 0 wenn er B wählt und wenn er S wählt. Das Lösungskonzept eines Nash-Gleichgewichtes lässt sich nun übertragen: Spieler wählt eine bestmögliche Aktion bzgl. der Aktionen der Typen von Spieler aus (im Erwartungswert). Spieler wählt für jeden seiner Typen eine bestmögliche Aktion aus, gegeben die Aktion von Spieler. Wir verwenden hier wieder die Idee der Beste-Antwort Funktionen, um ein Nash- Gleichgewicht zu bestimmen: die beste Antwort von Spieler auf die Aktionen (B,B) der beiden Typen von Spieler ist B: b (B,B) = B. Es ergibt sich: b (B,B) = B b (B,S) = B b (S,B) = B b (S,S) = S. Die besten Antworten sind in der obigen Abbildung als Boxen hervorgehoben. Analog ergibt sich für die beiden Typen von Spieler (siehe Abbildung 9): b (B) = B b (S) = S b (B) = S b (S) = B, wobei zum Beispiel b (S) die beste Antwort von Typ des Spielers auf die Aktion B von Spieler angibt. Wir wissen, dass für strategische Spiele mit vollständiger Information ein Nash- Gleichgewicht ein Aktionsprofil ist, in dem jede Aktion eines Spielers eine beste Antwort auf die Aktionen der anderen Spieler ist. Ganz ähnlich erhalten wir in diesem Beispiel, dass (B,(B,S)) ein Nash-Gleichgewicht ist. 58
3 y ω B S B (, ) (0, 0) S (0, 0) (, ) P (ω y ) = ω B S B (, 0) (0, ) S (0, ) (, 0) P (ω y ) = n ω B S B (0, ) (, 0) S (, 0) (0, ) P (ω n ) = Abbildung 0: ω 4 B S B (0, 0) (, ) S (, ) (0, 0) P (ω 4 n ) = 4. Formale Definition Sei N die (endliche) Menge aller Spieler. Jeder Spieler i N hat eine (endliche) Aktionsmenge A i. Die (endliche) Menge aller Zustände bezeichnen wir mit Ω. Jedes ω Ω spezifiziert alle relevanten Informationen für alle Spieler (ω repräsentiert ein strategisches Spiel mit vollständiger Information). Im weiteren Verlauf ist die folgende Sichtweise hilfreich: Zu Beginn des Spiels wird ein Zustand ω Ω realisiert. Dieser Zustand wird den Spielern nicht mitgeteilt; stattdessen erhält jeder Spieler ein sog. Signal. Jeder Spieler hat eine Signalfunktion τ i : Ω T i, die jedem Zustand ω Ω einen Typen in T i zuweist; T i ist die Menge aller Typen von Spieler i. Wird der Zustand ω zu Beginn realisiert, empfängt Spieler i nur seinen Typen τ i (ω) T i als Signal. Sei τi die Umkehrfunktion von τ i ; wir definieren τi (t i ) als die Menge aller Zustände ω Ω mit τ i (ω) = t i. Gewissermaßen gibt die Anzahl der Zustände in τi (t i ) Aufschluss über die Qualität der Information von Typ t i des Spielers i. Gibt es etwa für jeden Zustand genau einen Typen, kennt Spieler i den tatsächlich realisierten Zustand; werden hingegen alle Zustände auf einen Typen abgebildet, weiß Spieler i gar nichts über den realisierten Zustand. Für jeden Typen t i T i eines Spieler i N gibt es eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P i ( t i ) über Ω mit P i (ω t i ) = 0 für alle ω / τi (t i ). P i (ω t i ) gibt die Wahrscheinlichkeit (oder Vemutung) von Spieler i an, dass ω eintritt. Schliesslich definiert die Payoff-Funktion von Spieler i N für jedes Aktionsprofil a A := j N A j und jeden Zustand ω Ω einen Wert u i (a,ω) R. Mittels dieser Notation können wir nun ein Bayesian Game wie folgt definieren. Definition 4.. Ein Bayesian Game ist definiert durch (N,Ω,(A i ),(T i ),(τ i ),(P i ),(u i )). Wir veranschaulichen die obigen Definitionen anhand des folgenden Beispiels: 59
4 y ω B S B (, ) (0, 0) S (0, 0) (, ) P (ω y ) = ω B S B (0, ) (, 0) S (, 0) (0, ) P (ω y ) = n ω B S B (, 0) (0, ) S (0, ) (, 0) P (ω n ) = ω 4 B S B (0, 0) (, ) S (, ) (0, 0) P (ω 4 n ) = Abbildung : Beispiel 4.. Wir betrachten wiederum das Beispiel von Bach oder Stravinsky, diesmal sind sich jedoch beide Spieler nicht sicher, ob der andere ausgehen möchte oder nicht. Es gibt vier Zustände, die wir mit ω := j j (beide wollen), ω := jn (Spieler möchte, Spieler nicht), ω := n j (Spieler möchte nicht, Spieler möchte) und ω 4 := nn (beide möchten nicht) bezeichnen. Die Sichtweise von Spieler ist in Abbildung 0 dargestellt, die von Spieler in Abbildung. Spieler hat zwei Typen T := {y,n }. Spieler hat ebenfalls zwei Typen T := {y,n }. Die Signalfunktionen von Spieler sind wie folgt definiert: τ (ω ) = τ (ω ) = y und τ (ω ) = τ (ω 4 ) = n. D.h. zum Beispiel, dass Spieler nicht unterscheiden kann, ob ω oder ω realisiert wurde. Die Signalfunktionen von Spieler sind: τ (ω ) = τ (ω ) = y und τ (ω ) = τ (ω 4 ) = n. Die Vermutungen von Spieler für die entsprechenden Signale sind gegeben als: P (ω y ) = P (ω y ) = und P (ω n ) = P (ω 4 n ) =. Die von Spieler sind: P (ω y ) = P (ω n ) = und P (ω y ) = P (ω 4 n ) =. Erhält Spieler das Signal n (es wurde ω oder ω 4 realisiert), so vermutet er, dass mit Wahrscheinlichkeit / der Zustand ω und mit Wahrscheinlichkeit / der Zustand ω 4 realisiert wurde. Die Payoff-Funktionen können direkt aus den Tabellen abgelesen werden. 60
5 4. Nash-Gleichgewicht In einem Bayesian Game wählt jeder Spieler i N für jeden seiner Typen t i T i eine Aktion a i (t i ) A i vor Spielbeginn aus. Nachdem ein Zustand ω Ω realisiert wurde, spielt jeder Spieler i N seine zuvor festgelegte Aktion a i (τ i (ω)). Informell ist in einem Nash-Gleichgewicht die von Spieler i gewählte Aktion a i (t i ) für jeden Typen t i T i eine bestmögliche Aktion, gegeben die Aktionen von allen Typen der anderen Spieler und seine Vermutung (sprich Wahrscheinlichkeitsverteilung P i ). Wir definieren ein strategisches Spiel G = (N,(A i ),(u i )) mit (i,t i) für alle i N und für alle t i T i als Spieler. Wir haben also einen Spieler für jeden Typen. Die Aktionsmenge A i für Spieler (i,t i) ist A i. Somit ist ein Aktionsprofil definiert als a A := j N ( t j T j A j ). Für ein Aktionsprofil a A, bezeichne a (i,t i ) die Aktion von Spieler (i,t i ) bzgl. a. Der erwartete Payoff von Spieler (i,t i ) bei gegebenem Aktionsprofil a A ist definiert als u i,t i (a ) := P i (ω t i ) u }{{} i ((a ( j,τ j (ω))) j N,ω). ω Ω =0 falls τ i (ω) t i Bemerke, dass der erwartete Payoff u i,t i (a ) nicht von den gewählten Aktionen der anderen Typen t j T i, t j t i, von Spieler i abhängt; wohl aber von den Aktionen der Typen der anderen Spieler. Definition 4.. Ein Nash-Gleichgewicht eines Bayesian Game G := (N,Ω,(A i ),(T i ),(τ i ),(P i ),(u i )) ist definiert als ein Nash-Gleichgewicht des strategischen Spiels G := (N,(A i ),(u i )) mit N := {(i,t i ) : i N, t i T i }; A i,t i := A i für alle i N, t i T i ; u i,t i (a ) wie oben definiert. Definition 4. ermöglicht es, die Nash-Gleichgewichte des Bayesian Game in Beispiel 4. zu berechnen. Beispiel 4. (Fortsetzung). Wir bestimmen die Beste-Antwort Funktion für jeden Spieler in G. Der erwartete Payoff von Spieler (,y ) ist wie folgt (beste Antworten sind als Boxen hervorgehoben): Analog ergibt sich für Spieler (,n ): B 0 S 0 6
6 B 0 S 0 Für Spieler (,y ): B 0 S 0 4 (Bemerke, dass nun ein Aktionsprofil (B,S) bedeutet, dass Spieler bei Typ y Aktion B spielt und bei Typ n Aktion S spielt.) Und für Spieler (,n ): B 0 S 4 0 Es ist nun relativ leicht zu verfizieren, dass die Aktionsprofile ((B,B),(B,S)) und ((S, B),(S, S)) Nash-Gleichgewichte sind (jede Aktion ist eine beste Antwort auf alle anderen Aktionen). 6
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