Prof. Dr. Stefan Greß. Kritische Prüfung der Pflegereform der schwarzgelben Bundesregierung
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- Stefan Adenauer
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1 Prof. Dr. Stefan Greß Kritische Prüfung der Pflegereform der schwarzgelben Bundesregierung Vortrag bei der Tagung der Hans-Böckler-Stiftung mit dem Thema Was ist uns gute Pflege wert? Zum Stand der Pflegereform 2012/2013 am 25. Juni 2012 in Frankfurt/Main
2 Überblick 1. Zentrale Veränderungen durch das Pflege- Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) 2. Staatliche Förderung privater Zusatzversicherungen ( Pflege-Bahr ) 3. Was fehlt: Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs Leistungsdynamisierung Nachhaltige Finanzreform 2
3 Zentrale Veränderungen PNG 1/2 Leistungsverbesserungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz Einführung neuer Leistungen als Übergangsregelung Vorgriff auf neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff Bewertung: Leistungsverbesserung geht grundsätzlich in die richtige Richtung ist aber Flickwerk Weitere Zersplitterung des Leistungsspektrums Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs mit regulärer und systematischer Einbeziehung von kognitiv beeinträchtigen Menschen wird aufgeschoben 3
4 Zentrale Veränderungen PNG 2/2 Stärkung des Grundsatzes Rehabilitation vor Pflege Gezielte Information und Beratung durch Pflegekassen Prüfung eines möglichen Rehabilitationsanspruchs Bewertung: Schadet nicht nützt aber auch nichts Ausgabenausgleich in der Pflegeversicherung und Risikoausgleich in der Krankenversicherung Negative finanzielle Anreize zur Finanzierung von Reha- Maßnahmen durch Krankenkassen Lösung des Schnittstellenproblems nicht durch Informations- und Beratungspflichten 4
5 Förderung privater Zusatzversicherungen Zusätzlich zum umlagefinanzierten Teilleistungssystem eigenverantwortliche und kapitalgedeckte Vorsorge Jährliche einkommensunabhängige Zulage von 60 Euro Anforderungen förderfähige Versicherungsprodukte Mindestversicherung: Jahresbeitrag von 120 Euro Maximalversicherung: Verdopplung soziale Pflegeversicherung Kontrahierungszwang für Versicherer Keine Leistungsausschlüsse und Risikoaufschläge Keine Versicherungspflicht Begrenzung von Verwaltungs- und Abschlusskosten 5
6 Sozial vs. Privat Organisationsprinzipien soziale Pflegeversicherung Kollektiv und universell Obligatorisch und preiswert Risikosolidarität und Einkommenssolidarität Organisationsprinzipien private Pflegezusatzversicherung Individuell und partiell Freiwillig und teuer Äquivalenzprinzip 6
7 Dynamik von sozialer Pflichtversicherung und privater Zusatzversicherung Leistungsausschluss in der sozialen Pflichtversicherung wird erleichtert Eigenbeteiligung und Leistungsausschlüsse Privatisierung als politische Option Druck auf Leistungsausweitung in der sozialen Pflichtversicherung lässt nach Dynamisierung von Leistungen in der Pflegeversicherung Neufassung Pflegebedürftigkeitsbegriff Eingeschränkte Regulierungsmöglichkeiten für private Zusatzversicherungen 7
8 Erfahrungen mit der Riester-Rente Geringe Markttransparenz und hohe Bürokratiekosten Geringe Renditen aus gesellschaftlicher Sicht Oft nicht besser als das Geld in den Sparstrumpf zu stecken. (DIW-Wochenbericht ) Hohes Lebensalter zur Realisierung von positiven Renditen Abhängig von der Entwicklung der Finanzmärkte Selektive Inanspruchnahme Förderung kommt vor allem bei höheren Einkommensgruppen an Eigenleistung für niedrige Einkommensgruppen zu hoch Anrechnung auf Grundsicherung 8
9 Prognose für den Pflege-Bahr : Kurzfristig Anstieg der Prämienhöhe durch Kontrahierungszwang Mitnahmeeffekte durch universellen Förderungsanspruch Einkommensbias bei Inanspruchnahme der Förderung Erbenschutzversicherung für höhere Einkommensgruppen Bedürftige können sich Versicherungsschutz nicht leisten finanzieren die Zuschüsse aber durch ihre Steuern mit Hohe Opportunitätskosten der staatlichen Förderung Verwaltungs- und Abschlusskosten bei privaten Unternehmen Effizientere Verwendung durch Bundeszuschuss für SPV 9
10 Prognose für den Pflege-Bahr : Langfristig Segmentierung des Versicherungsmarkts Prämienaufschläge für öffentlich geförderte Verträge Attraktiv für schlechte Risiken ohne Zugang zu bezahlbarem Versicherungsschutz im nicht geförderten Marktsegment Nicht attraktiv für gute Risiken Druck auf Leistungsausweitung lässt nach Tendenz zur schleichenden Leistungsreduzierung Neufassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs Leistungsdynamisierung Nachhaltige Finanzierungsreform 10
11 Ein Wort noch zur Kapitaldeckung Daniel Bahr: Eine private kapitalgedeckte Vorsorge sorgt dafür, dass die Pflegeversicherung demographiefest und stabil wird (PM vom ). Private Zusatzversicherung ist eine Risikoversicherung keine Spardose Überlegenheit der Kapitaldeckung gegenüber dem Umlageverfahren bei der Bewältigung demographischer Risiken ist eine Illusion Zunehmende Instabilität der Kapitalmärkte Hohe Rendite von Investitionen in Wohlfahrtsstaat 11
12 Fazit Die zentralen Handlungsfelder in der Pflegeversicherung werden durch das PNG nicht bearbeitet Förderung für Demenzkranke greift zu kurz Schnittstellenproblem zwischen Kranken- und Pflegeversicherung bleiben unverändert bestehen Der Pflege-Bahr führt zu hohen Bürokratiekosten, Mitnahmeeffekten und Marktsegmentierung Die Steuermittel wären in einem Bundeszuschuss für die soziale Pflegeversicherung besser angelegt 12
13 Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussion!
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