Am Himmel. ü b e r. der Wüste. Namibia

Transkript

1 Am Himmel ü b e r der Wüste Unter den Füßen ein Korb, darunter nichts als roter Sand: Ein Flug im Heißluftballon über das glühende Sandmeer der Namib und die Dünen von Sossusvlei gehört zu den dramatischsten Abenteuern in Namibia. Text und Fotos: Fabian von Poser Wie ein Gemälde wirkt die Landschaft der Wüste Namib auf die Ballonflieger

2 Nur wenige Zentimeter Korb trennen die Ballonflieger vom Abgrund. Der Mann am Abzug: Paul Vecray lässt die Flammen lodern

3 Kein Anblick kann diesen übertreffen. Kein Flug der Welt kann es mit diesem aufnehmen. Kein Kalender kann die Dramatik dieser Bilder vermitteln. Wir hängen wie ein Gemälde am Himmel über der Namib. Über uns mehrere hundert Quadratmeter Ballonseide, ein paar dutzend hoffentlich reißfeste Leinen und tausende Kubikmeter heißes Propangas. Unter unseren Füßen einige wenige Zentimeter Korb, darunter nichts als Sand. Es ist sieben Uhr morgens und die Sonne hängt wie eine Kupfermünze am Himmel. Zu dieser wundersamen Stunde, da das erste Licht des Tages die Wüste nicht aus der Senkrechten, sondern aus der Waagrechten beleuchtet, in diesen wunderbaren Momenten, wenn die Sonne ihre Fühler erst schüchtern, später immer kräftiger über die Dünen legt, teilt sie die Sandberge in zwei: in eine goldgelbe Hälfte und in eine schwarze. Wie eine Schere zerschneidet sie die Kämme, wie ein Messer teilt sie die Scheitel. Wir sind im Ballon unterwegs über einer der ältesten Wüsten der Welt. Unten werfen die Sandberge lange Schatten, die Dünen sind in Zinnober und Bernstein gehüllt. Ein paar Springböcke jagen von einem Sandberg zum nächsten, eine Straußenfamilie sucht Schutz im Schatten eines Baumes. Dies ist der Moment, in dem Paul Vecray seine Arme über dem Rand des Korbes verschränkt, der uns trägt, und dem Glück fast so nahe ist wie dem Himmel: Wunderschön, nicht wahr?, haucht er, so als wolle er die Ruhe der Wüste nicht stören. Dann lässt er den Blick im Rund der Dünen kreisen wie in einem Amphitheater. Wir waren früh am Morgen von der Sossus Dune Lodge gestartet. Es war noch dunkel, als Vecray uns in seinem Landrover aufsammelte. Die Namib war noch kühl, und eben erst hatte uns Sireley noch einen Es dauert nur wenige Minuten, bis die Ballons in voller Pracht am Himmel stehen. Tee aufs Zimmer gebracht, um uns zu wärmen. Dann waren wir in dicke Jacken gehüllt aufgebrochen zu einem Erlebnis, das seinesgleichen sucht. Als wir zwischen den Dünen ankamen, hatten Vecrays Helfer schon die Ballons zurechtgelegt. Die Körbe lagen im Wüstensand wie überdimensionierte Würfel, die Propangasflaschen waren montiert. Dann kam Vecrays Moment: Die Krempe seines Filzhuts tief ins Gesicht gezogen, die abgeschnittenen Lederhandschuhe locker über die Finger gestülpt, drückte der Kongolese den Abzug der Propangasflasche. Mehrere Meter hoch loderten die Flammen. Es wurde heiß im Korb. Noch einmal prüfte Vecray die Leinen, ein letztes Mal gab er Feuer, dann stand der Ballon in voller Pracht da. Nur Sekunden später erhob er sich in den Himmel. Und jetzt schweben wir in gravitätischer Ruhe über den Dünen, nichts mehr im Blick als die Weite der Namib und Vecrays schrumpfende Helfer am Untergrund. Für jemanden, der das erste Mal Ballon fliegt, gibt es in der luftigen Höhe von 800 Metern zahlreiche beunruhigende Fragestellungen: Reichen 200 Kilo Propangas aus, um acht Personen eine Stunde lang und mehr in der Luft zu halten? Bewahren uns die paar Zentimeter Korb vorm Herunterfallen? Was ist, wenn jemand Höhenangst bekommt? Und die wichtigste Frage von allen: Wie steuert man überhaupt so ein Fluggerät? Ein Ballon lässt sich nicht steuern, sagt Vecray. Ich kann nur sagen, ob ich rauf und runter will, 80 81

4 Nach dem Flug gibt es ein opulentes Frühstück. Flaschenöffner für harte Kerle. Info-Karte 141 ankreuzen nicht aber, ob vor oder zurück. Dann fügt er noch hinzu: Wo wir landen, weiß nur der Wind. Nicht gerade beruhigend zu wissen, wenn man in atemberaubender Höhe über dem endlosen Dünenmeer der Namib schwebt. Doch Paul bleibt gelassen. Irgendjemand holt uns schon wieder ab. Ich beschließe, mir an diesem Morgen keine Gedanken über das Hätte-Wäre-Wenn zu machen und stattdessen die Landschaft zu genießen. Unter uns breiten sich jetzt nach Wasser lechzende Tonpfannen aus, wir gleiten federleicht über steile Berge, die sich wie zerknülltes Zeitungspapier am Boden ausbreiten. Zu unseren Füßen stieben einige Oryx-Antilopen davon. Trotz der Kargheit der sie umgebenden Landschaft sehen sie gut genährt aus. Eine halbe Ewigkeit gleiten wir so in Trance über das honiggelbe Meer aus Sand. Immer wieder kippt der Horizont nach links und nach rechts. Wie junge Spatzen umspielen sich die beiden Ballons jetzt, mit denen unsere sechzehn Mann starke Gruppe gestartet ist. Die Wirklichkeit verflüchtigt sich. Gedanken an die Urzeit gehen einem durch den Kopf, als Afrika und Südamerika noch eins waren. Wie konnte die Natur einen so menschenfeindlichen und doch so herrlichen Ort schaffen? Dann ertappe ich mich, wie ich mich in 800 Meter Höhe ängstlich am Korbrand festhalte, als ich nach unten blicke. Mir ist schwindlig angesichts der Höhe, aber die Begeisterung über diesen Ort und Vecrays gelassene Worte lassen jede Angst verfliegen. Vercray ist diese Strecke viele hundert Male geflogen. Er hat den Ballon wohl tausend Mal über die Dünen gesteuert. Er ist noch öfter in der Wüste gelandet. Irgendwo im Nichts. Er hat dort ein Picknick bereitet, ist mit seinen Gästen in die Weite der Namib gegangen. Er kennt beinahe jedes der trockenen Flussbette, jeden Berg, jeden auch noch so kleinen Strauch in dieser Gegend, jedes der ausgeblichenen Oryxskelette. Er kennt sie alle, die Sanddünen, die Gesteinsformationen, die Granitkuppen und die Tafelberge, die sich über der Namib erheben. Paul Vecray ist so etwas wie der Herrscher der Lüfte, der Herrscher über die Ebenen und die Dünen der Namib. In Belgisch-Kongo aufgewachsen, hatte Vecray zunächst Palmen und Tabak angepflanzt, bevor es ihn nach Belgien verschlug. Doch dort hielt er es nicht lange aus. Schon bald kehrte er nach Afrika zurück. Nach Namibia. Und dort fliegt er seit nunmehr zwölf Jahren Touristen über die Namib. Mehr als Passagiere haben wir seitdem befördert. Doch das ist längst nicht alles. Vecray, der mit seinem Filzhut aussieht wie der Indiana Jones der Lüfte, ist nicht nur ein ausgezeichneter Pilot, sondern auch ein begabter Künstler. Aus Wüstensand zaubert er in seiner Freizeit in filigranster Handarbeit Kunstwerke aus Sand: Doppelseitiges Klebeband schneidet er in allen Formen zurecht, taucht die Streifen in farbigen Sand und klebt sie dann auf Leinwand, so dass skurrile Kunstwerke entstehen. Eine Technik, die ich mir selbst angeeignet habe, sagt Vecray. Für den extrem seltenen blauen Sand, der einige seiner Kunstwerke schmückt, fährt Vecray sogar extra an die einhundert Kilometer entfernte Atlantikküste. Denn nur dort hat der Sand diese leuchtende Farbe. Es hat etwas Erhebendes, im ersten Morgenlicht über die Dünen der Namib zu schweben. Es sind diese kurzen Augenblicke der Ruhe, der Stille, der Eintracht mit der Natur, die sich uns Mitteleuropäern in das Gedächtnis einbrennen. Mindestens 500 Mal bin ich in kleinen und großen Flugzeugen geflogen. In der ganzen Welt. Doch kein einziges Mal mit dem Ballon. Eine Schande, denke ich mir an diesem Morgen. Umso schöner ist es, wenn das Flugerlebnis nach mehr als einer Stunde stillen Dahingleitens einen würdigen Abschluss findet. Noch einmal ziehen die Dünenberge von Sossusvlei vorbei. Dann kommen unten am Boden die Staubwolken der Autos von Vecrays Helfern immer näher. Fast greifbar sind die Dünenkämme, über die der Ballon jetzt mächtige Schatten wirft. Schließlich landet Vecray sein Luftschiff in der Unermesslichkeit der Namib. Hat der Ballon wieder festen Boden unter den Füßen, dann haben Vecrays Helfer schon ein exklusives Frühstück mit allerlei Köstlichkeiten in die Wüste gezaubert. 4x4 Car Hire and Tours & Travel Allradfahrzeuge mit und ohne Campingausstattung Fahrzeuge zugelassen für Namibia, Botswana, Simbabwe, und Sambia Begleitete Selbstfahrertouren mit Reiseführer Individuell ausgearbeitete Reiserouten für Namibia, Botswana, Sambia Geführte Touren ins Buschmannland, Caprivi, Sambia und Simbabwe Tel Fax Tel/Fax Mobil or internet: PO Box 6068 Windhoek Namibia Info-Karte 140 ankreuzen 82 83

5 Vecray macht Kunst aus Sand. Swakopmund Walvis Bay C28 B2 Namib Naukluft Park Sossusvlei Karibib C32 Solitaire C19 C28 Tsauchab Windhoek C24 Okahandja In Windeseile stehen die Frühstückstische mitten im Sand, bedeckt mit Schinken, Käse, Croissants, Ananas, Mangos und Kaviar. Selbst Champagner fehlt nicht: Mit der Machete köpft Paul die Flaschen und schenkt mit ausladenden Handbewegungen die Gläser ein. Dann füllt er die Flugzertifikate aus: Überreicht an Herrn Fabian von Poser, der am 10. September 2009 die stille Schönheit der Namib von unserem Heißluftballon aus erlebte, steht darauf. Gezeichnet Paul Vecray. Inzwischen beginnt die Sonne über der Namib langsam heiß zu werden, die Jeeps schaukeln die Gäste zurück zur Lodge. Bald tauchen am Horizont die reetgedeckten Dächer der Chalets der Sossus Dune Lodge auf. Ein seltsames Gefühl nach Stunden der Einsamkeit! Denn wer den Kopf noch Maltahöhe Mariental C19 NAMIBIA SÜDAFRIKA B1 voller Bilder in Rosa, Zinnober und Bernsteinfarben hat, der möchte am liebsten geradewegs dorthin zurück, von wo er eben erst gekommen ist: an den Himmel über der Wüste. f SÜD-AFRIKA Tipps Ballonsafari Sossusvlei BALLONSAFARIS Die einstündige Ballonsafari mit Paul Vecray kostet Namib-Dollar (etwa 380 Euro). Abholung vom Hotel, Flug und Champagner-Frühstück sowie Rücktransfer zum Hotel inklusive. Vorherige Anmeldung ist unbedingt empfehlenswert. Tipp: Bei der Buchung sicherstellen, dass man mit Paul Vecray fliegt. Reservierung: Namib Sky Balloon Safaris, Paul Vecray, P.O. Box 5197, Windhoek, Namibia, Tel (0) , Fax , Mobil: +264 (0) , info@namibsky. com, REISEZEIT Die Flüge finden das ganze Jahr statt, außer zwischen Mitte Januar und Mitte Februar. Sie können aber spontan wegen starker oder schlecht stehender Winde oder wenn der Küstennebel zu tief in die Namib vordringt, abgesagt werden. Dann gibt es das Geld zurück. UNTERKUNFT Sossus Dune Lodge, Namibia Wildlife Resorts, Private Bag 13378, Windhoek, Namibia, Tel (0) , Fax , reservations@nwr.com.na, In idealer Nähe zum Startort befindet sich die 2007 eröffnete Lodge im Namib Naukluft Park. Die 25 Chalets liegen direkt oberhalb des Sossusvlei inmitten der Dünenlandschaft mit weitem Blick über die Namib. Übernachtung mit Frühstück, Abendessen und Parkeintritt ab NAM$ (etwa 173 Euro) pro Person. Von hier holt Vecray seine Gäste auch ab. Weitere empfehlenswerte Unterkünfte in der Nähe, von denen Vecray für den Transfer sorgt: Sossusvlei Mountain Lodge, Kulala Desert Lodge und Little Kulala, Sossusvlei Lodge, ein wahres Stück Afrika, direkt am Etosha National Park Fischer s Pan Private Reserve Namutoni Gate Etosha Lüderitz C13 Keetmanshoop B4 AUSKUNFT Namibia Tourism, Schillerstraße 42 44, Frankfurt, Tel. 069/ , Fax , info@namibia-tourism.com, 84 Info-Karte 136 ankreuzen 85