Faultier und Fleißtier

Transkript

1 Faultier und Fleißtier Ein Faultier hing in einem Ast, das Leben war ihm keine Last. Tagaus, tagein hing es dort oben, brauchte kein Müssen und kein Loben. Ein Fleißtier flitzte schnell vorbei, dem Faultier war das einerlei. Der Fleiß, das Tun war ihm egal, reich war sein Leben allemal: Die Blätter wuchsen ihm ins Maul, er kaute sie und blieb sonst faul. Vielleicht weißt du, wie Faultiere aussehen aber hast du schon mal ein Fleißtier gesehen? Airon war ein äußerst zufriedenes Faultier. Er lebte in einem warmen, feuchten Wald irgendwo in Südamerika und knabberte vergnügt am saftigen Grün, wenn er nicht gerade ein kleines Verdauungsschläfchen hielt, was ziemlich oft vorkam. Zischschsch Ein flirrendes Etwas flitzte vorbei und verschwand im Dickicht. Airon blickte ihm gedankenverloren nach. An der Bewegung der Büsche und Bäume konnte er erkennen, in welche Richtung das Etwas weiterwuselte. Nach einiger Zeit vernahm er empörtes Vogelgezwitscher und eine Affenhorde schwang sich von Ast zu Ast an ihm vorbei. Er hörte noch, wie einer von ihnen Nirgendwo hat man seine Ruhe! kreischte. Da tauchte der Verursacher der Unruhe auch schon wieder auf zischte näher, umrundete einmal Airons Stammbaum und wollte schon wieder weitersausen, als Airon träge He, du! Bleib mal stehen! rief.

2 Keine Zeit, keine Zeit!, kam die hektische Antwort. Was machst du denn, dass du s so eilig hast? Ich räume den Wald auf siehst du nicht, was hier alles herumliegt? Nööö. Hier oben liegt nix rum außer mir. Und ich fühle mich sehr aufgeräumt. Und was machst du da oben? Meistens nix. Pflücke ein paar Blätter, kaue ein paar Blätter, verdaue ein paar Blätter. Ist das nicht langweilig? Nö. Hab ja `ne schöne Aussicht hier: Blätter, Blüten, Früchte, Vögel, Affen, Himmel, Wolken Hmmm. Ich hätte auch gerne Zeit für Aussicht, muss jetzt aber weitermachen dort sind gerade drei Blätter runtergefallen. Was machste denn mit denen? Ich lege sie ordentlich zusammen und vergrabe sie in der Erde. Wahahahaha!, lachte das Faultier. So was Blödes hab ich ja noch nie gehört! Ist doch pure Zeitverschwendung! Den Blättern ist das doch piepegal, ob sie gefaltet verrotten. Dem Boden ist das auch piepegal und den Ameisen, die sie vielleicht noch wegknabbern wollen, erst recht. Komm doch rauf und genieße mit mir die Aussicht! Ich war schon lange nicht mehr oben auf einem Baum. Weiß nicht, ob ich noch schwindelfrei bin., kam die zögernde Antwort. Probier s halt einfach mal aus. Sonst drehste einfach wieder um.

3 Am lauter werdenden Keuchen und Rascheln der Blätter erkannte Airon, dass sein Besucher näherkam. Nach längerer Zeit (Airon war zweimal kurz eingenickt) schob sich ein Kopf durchs Laub und mit einigem Schnaufen folgte der Körper. Das Wesen sah aus wie ein pummeliger Marder. Wer bist denn du?, fragte Airon. Ich bin Tom. Und wer bist du und vor allem: was bist du? Ich bin Airon, ein Faultier Na, das hätt ich mir ja denken können, sagte Tom. Und was bist du?, fragte Airon. Ich bin ein Fleißtier, erwiderte Tom und stellte sich stolz in Positur, wobei er fast vom Baum gefallen wäre. Na sowas! Ein Fleißtier! Unglaublich!, staunte Airon, der sich in einer bequemen Astgabel auf den Rücken gelegt hatte, um seinen Besucher genauer betrachten zu können. Tom beäugte ihn ebenfalls und sah sich dann um: Du hast es ganz schön hier oben! Aber dort sind ein paar verwelkte Blüten, die müsste man doch abzupfen, oder? Ach, lass die Blüten Blüten sein, die tun niemandem was. Schau mal, links von dir da gibt es reife Früchte. Probier die mal, die schmecken echt lecker! Tom streckte sich zum Ast mit den roten Beeren und kostete vorsichtig: Tatsächlich, die schmecken vorzüglich! Vielen Dank! Wo tust du die Kerne hin? Einfach ausspucken vielleicht wird ein Baum draus!

4 Tom nahm mit der Pfote vorsichtig einen Kern aus dem Mund, beäugte ihn, ließ ihn fallen und beobachtete, wie er im Laub verschwand. Wenn ich nicht so viel zu tun hätte, könnte ich die Aussicht noch ein wenig genießen., murmelte er und sah sehnsüchtig auf ein leeres Vogelnest, das zum Hineinkuscheln einlud. Ach, mach mal halblang bleib einfach noch ein Weilchen hier du kannst sowieso nicht alle Blätter wegräumen. Abgesehen davon, dass kein einziges Blatt das braucht! Dieses Nest ist wie für dich gemacht! Tom folgte der Einladung zögernd, rollte sich zusammen, seufzte tief und schlief sofort ein. Im Traum sah er unzählige Blätter fallen sie bildeten am Boden ein wunderschönes Muster. Als er aufwachte, beschloss er, nur noch dort aufzuräumen, wo kleine Blumen wuchsen, die man sonst unter dem Laub nicht sehen würde. Ab diesem Tag besuchte er Airon häufig und erzählte ihm, wie der Wald weiter unten aussah und welche Tiere dort lebten. Und gemeinsam bewunderten sie die bunten Vögel, die vorbeizogen, die Wolkenfiguren am Himmel und

5 Dein Ausmalbild. Wenn du möchtest, kannst du das Bild anmalen oder mit deinen Ideen noch weiter ausschmücken. Die Figuren freuen sich über deine Beachtung und werden mit deinen Farben noch fröhlicher und lebendiger.