Spuk auf der Silberburg

Transkript

1 Zum Vorlesen für Kinder ab 4 Jahren! Stephanie Polák Nina Hammerle (Illustrationen) Prinzessin im Anflug Vorlesespaß für bezaubernde Burgfräulein Spuk auf der Silberburg Vor über 400 Jahren hatte Humbert zu Sonnentau begonnen, durch die Silberburg zu spuken. Irgendwann hatte er die Lust am Herumgeistern verloren und es war still geworden. Doch seit zwei Wochen machten die Bewohner der Burg kein Auge mehr zu. Nacht für Nacht schrie und donnerte, heulte und jammerte, wimmerte und plärrte es unheimlich durch die Gänge und Säle. 1

2 Es war ein Graus. Der König schlief nun regelmäßig beim Regieren ein, die Königin sah blass und mager aus. Der kleine Prinz Matti fiel vor Müdigkeit von seinem Schaukelpferd, und selbst Prinzessin Undine, die sonst immer fröhlich in der Burg umherlief, schleppte sich träge durch die Flure. Die Bewohner der Burg waren ratlos. Und da sich viele Geheimnisse um das Schlossgespenst rankten, traute sich keiner, es zur Rede zu stellen. Doch in dieser Nacht hatte Prinzessin Undine die Nase voll. Humberts Geheule hatte ihr einen solchen Schrecken eingejagt, dass sie beinah aus dem Bett gefallen wäre. Obwohl ihr ein wenig die Knie schlotterten, nahm sie ihren Teddy fest in den Arm und raffte ihr Nachtgewand, um dem Schlossgespenst einen Besuch abzustatten. Humbert hauste auf dem Dachboden, den seit über hundert Jahren niemand mehr betreten hatte. Undine schluckte bei dem Gedanken daran. Ihr Herz klopfte immer schneller. Leise schlich sie über die Treppen nach oben. Humberts Geheul wurde lauter und lauter. Schließlich stand die Prinzessin vor der Dachbodentür. 2

3 Sie legte ihre Hand auf die Klinke. Zaghaft drückte Undine sie herunter. Doch die Tür klemmte. Sie drückte mit aller Kraft dagegen, bis die Tür mit einem Knall aufschwang und die Prinzessin in den Raum hineinstolperte. Humberts Gejammer brach schlagartig ab. Während Undine sich aufrappelte, sauste das Gespenst schon um die Ecke und starrte die Prinzessin mit großen Augen an. Undine hatte sich jede Nacht ausgemalt, wie gruselig Humbert zu Sonnentau wohl aussehen würde. Sie war überrascht, dass er in Wirklichkeit recht lustig aussah mit seinem gezwirbelten Schnurrbart, dem Hut, auf dem eine große Feder wippte, der grünen Jacke mit Spitzenkragen und den Schuhen mit großen silbernen Schnallen, die ein paar Zentimeter über dem Boden schwebten. Hallo, grüßte die Prinzessin ihn tapfer. Humbert blieb der Mund offen stehen. Dann polterte er los: Wer seid Ihr? Und was habt Ihr hier zu suchen? Kurz verschlug es Undine die Sprache, doch schließlich nahm sie all ihren Mut zusammen. Ich bin Prinzessin Undine. Seit zwei Wochen können wir nicht mehr schlafen, weil du nachts so ein Getöse machst. Also wollte ich nachsehen, ob es dir..., sie schluckte, gut geht? Humbert fuhr herum, zischte über den Dachboden und tobte: Getöse? Ihr nennt meinen Gesang ein GETÖSE? Oh wie wunderbar! Also fürchtet Ihr Euch vor mir? Er schoss auf Undine zu, blieb einen Fingerbreit vor ihr stehen und starrte ihr in die Augen. 3

4 Die Prinzessin räusperte sich, wich einen Schritt zurück, betrachtete das Gespenst noch einmal von oben bis unten und schüttelte den Kopf. Nein, zum Fürchten bist du nicht. Humbert riss die Augen weit auf, raste davon, ließ sich gegen die nächste Wand fallen und heulte laut. Uah, uuaaah, uuaahahahahh! Undine blieb bei diesem Gebrüll beinah das Herz stehen. Leise und so unauffällig wie nur möglich versuchte sie, zur Tür zu schleichen. Doch dann sah sie, dass Humbert zu Sonnentau eine dicke, fette Geisterträne die Wange hinunterrollte. Vorsichtig ging sie auf ihn zu und hockte sich hin. Schluchzend erklärte er: Ich will doch beim Gespensterwettbewerb gewinnen! Undine sah ihn fassungslos an. Du übst für einen Wettbewerb? Humbert nickte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Die Prinzessin hatte nun richtig Mitleid mit ihm und es tat ihr leid, dass er wegen ihr so traurig war. Sie überlegte kurz und sagte: Solltest du nicht mit Ketten rasseln und schaurige Grimassen schneiden? Humbert sah sie mit fragenden Augen an. Undine seufzte und schlug vor: Was hältst du davon, wenn ich dir helfe? Mit ein bisschen Übung klingt es sicher bald noch viel besser und dann gewinnst du den Wettbewerb vielleicht. 4

5 Und so übten Prinzessin Undine und Humbert zu Sonnentau jeden Abend eine Stunde Kettenrasseln und Heulen. Den Bewohnern der Silberburg besorgte die Prinzessin Ohrenstöpsel, sodass bald alle wieder besser schliefen. Vom Schmied bekam sie die rostigsten Ketten, die er besaß - sie rasselten entsetzlich-wunderbar. Und sogar der kleine Prinz Matti konnte helfen, denn er schnitt ganz vorzügliche Grimassen. Die brachte er Humbert bei, und bald sah es wirklich schaurig aus, wenn das Schlossgespenst spukte. Ein paar Wochen später nahm Humbert an dem Gespensterwettbewerb teil. Er gewann ihn nicht, aber immerhin landete er auf dem dritten Platz. Und das machte ihn und auch Undine unheimlich stolz. Die beiden waren gute Freunde geworden und so führten sie den Unterricht fort. Denn nächstes Jahr würde Humbert wieder am Wettbewerb teilnehmen. Vielleicht sogar im Duett mit Undine, wenn das erlaubt war. 5

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7 Neugierig geworden? Sie können das Buch im Buchhandel erwerben oder in Ihrer örtlichen Bücherei ausleihen! StephaniePolák Nina Hammerle (Illustrationen) Prinzessin im Anflug Vorlesespaß für bezaubernde Burgfräulein Esslinger Verlag J. F. Schreiber GmbH ISBN: Gebundene Ausgabe: 72 Seiten Hat Ihnen unsere Geschichte gefallen? Wir freuen uns über Ihre Rückmeldungen; schicken Sie uns gerne auch die Meinungen Ihrer Kinder unter: 7