Borkenbild und genetische Muster bei der Weisstanne
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- Nicole Hennie Brauer
- vor 8 Jahren
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1 Projekt Weisstanne 1 Borkenbild und genetische Muster bei der Weisstanne Zwischenstand Oktober 2013 Netzwerkveranstaltung der PROHOLZ Lignum Luzern Catherine Folly Felix Gugerli Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL Zürcherstrasse Birmensdorf catherine.folly@wsl.ch felix.gugerli@wsl.ch Projektbeschrieb Die Idee für das vorliegende Projekt entstand an der von PROHOLZ Lignum organisierten Veranstaltung Plattform Weisstanne im November Herr Tschopp sen. merkte an, dass er anhand der Beschaffenheit der Borke Aussagen über die Holzqualität machen kann. Dies weckte das Interesse von Pirmin Jung, Präsident von PROHOLZ Lignum. Über Umwege gelangte er schliesslich zu Felix Gugerli, der an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf arbeitet und dort die Gruppe Ökologische Genetik leitet. Mit finanzieller Unterstützung des BAFU Wald- und Holzforschungsfonds und der WSL konnte das Projekt aufgegleist werden. Mit der genetischen Untersuchung der Weisstanne in der Schweiz versuchen wir die folgenden Fragen zu beantworten. Lassen sich Individuen anhand molekular-genetischer Marker in verschiedene Verwandtschaftsgruppen einteilen? Weisen diese Gruppen in ihrer geografischen Verteilung ein Muster auf? Lässt sich das Muster mit der postglazialen Einwanderungsgeschichte der Weisstanne erklären? Lassen sich diese Gruppen den verschiedenen Borkentypen zuordnen?
2 2 Vorgehen Im Frühsommer 2013 wurden 29 Weisstannenpopulationen à 15 Individuen in der ganzen Schweiz beprobt. Es handelt sich um Bestände, die gemäss früheren, forst-historischen Abklärungen als autochthon gelten, d.h. von lokaler Herkunft stammen und somit die natürliche Geschichte der Wiederbesiedlung der Weisstanne nach den Eiszeiten widerspiegeln. Mit Pollenanalysen und genetischen Untersuchungen hat man die Rückwanderungen der wichtigsten Waldbaumarten in verschiedenen Studien analysiert. Abbildung 1 zeigt möglichen Einwanderungsrouten der Weisstanne in die Schweiz. Diese Studien wurden meist grossräumig angelegt und untersuchten Populationen in ganz Europa. Eine Studie zur genetischen Struktur der Abbildung 1: Mögliche Herkünfte (Kreise) und Einwanderungsrouten der Weisstanne nach dem Ende der letzten Eiszeit. (Quelle: Gugerli & Sperisen, SZF 2010) Weisstanne wurde in der Schweiz vor 20 Jahren durchgeführt. Die Resultate deuteten zwar auf zwei genetische Gruppen hin, die nach der letzten Eiszeit aus unterschiedlichen Rückzugsgebieten in die Schweiz eingewandert waren. Das Muster war jedoch nicht schlüssig, und die damals verwendete Methodik ist mittlerweile veraltet. Aber dieses Ergebnis liess vermuten, dass die beiden unterschiedlichen Borkentypen mit der räumlich getrennten Entwicklung der Weisstanne während der letzten Eiszeit zusammenhängen könnten. Nebst den Gewebeproben (Zweig mit Nadeln oder in wenigen Fällen Kambium-Stückchen) wurde die Beschaffenheit der Borke (glatt, intermediär oder schuppig) sowie der Brusthöhendurchmesser (BHD) aufgenommen. Abbildung 2 zeigt je einen Baum mit glatter und schuppiger Borke. Diese beiden Beispiele stellen Extremformen dar, denn es wurden auch viele Zwischenstadien gefunden. Im Labor analysierten wir das Erbgut (DNA) der Weisstannenproben an 11 bestimmten Stellen, so genannten Mikrosatelliten, woraus sich ein genetischer Fingerabdruck herstellen liess. Dieser Fingerabdruck erlaubt, die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Individuen und Beständen zu bestimmen: Je ähnlicher die Fingerabdrücke von zwei Bäumen, desto näher verwandt sind sie. Mit Hilfe einer speziellen statistischen Methode berechneten wir, mit welcher Wahrscheinlichkeit Individuen aufgrund ihrer genetischen Fingerabdrücke einer von mehreren Verwandtschaftsgruppen zugehören. Abbildung 2: Beispiele von Weisstannen mit einer glatten (links) und einer schuppigen (rechts) Borke. Fotos in dieser Art wurden von allen beprobten Bäumen gemacht.
3 3 Resultate aus der Beprobung Aus den Daten der Aufnahmeprotokolle konnte ein erster Überblick zu den beprobten Beständen geschaffen werden. Abbildung 3 zeigt die Verteilung der Populationen in der Schweiz und deren Anteile an glatter und schuppiger Borke. Obwohl kein offensichtliches Muster erkennbar ist, kann man doch einiges aus dieser Karte schliessen. Glatte Borke tritt häufiger auf als schuppige. In der Nähe des "Röstigrabens" fanden wir die Populationen mit dem höchsten Anteil an Individuen mit schuppiger Borke (Populationen in der Nähe von Gstaad, im deutschfreiburger Oberland und im Jura). Im Kanton Graubünden ist die Verteilung von glatten und schuppigen Individuen mehr oder weniger ausgeglichen, wohingegen in der restlichen Schweiz die Populationen mehrheitlich Weisstannen mit glatter Borke enthalten. Ein Grossteil der beprobten Bäume ist zwischen 20 und 80 cm dick. Einzelne haben einen BHD bis zu 150 cm. Von den insgesamt 406 beprobten Individuen sind über die Hälfte (245) glatt, 89 intermediär und 72 schuppig. Bei den dünnen Bäumen (20-30cm) ist der Anteil an glatten Bäumen mit 93% höher als der durchschnittliche Anteil von 60%. Es scheint jedoch kein genereller Zusammenhang zwischen Dicke und Borkenbeschaffenheit vorzuliegen, weil alle Borkentypen in sämtlichen Grössengruppen vorkommen. schuppig glatt Abbildung 3: Verteilung der beiden Borkentypen der Weisstanne an allen Probestandorten. Die Kuchendiagramme zeigen den Anteil von glatter (hellgrau) und schuppiger (dunkelgrau) Borke innerhalb einer Population.
4 4 Resultate aus der Genetik Eine vorläufige Auswertung der Daten zu den genetischen Fingerabdrücken deutet auf eine Einteilung der Schweizer Weisstannen in zwei Verwandtschaftsgruppen hin (Abbildung 4). Die beiden Gruppen werden hier mit den Farben rot und grün dargestellt. Jeder vertikale Balken repräsentiert einen Baum. Der Anteil einer Farbe pro Individuum zeigt die Wahrscheinlichkeit an, mit der das Individuum der jeweiligen Gruppe angehört. Die Zahlen bei der x-achse stehen für die untersuchten Populationen, die jedoch nicht geografisch geordnet sind. Individuen, die am gleichen Ort beprobt wurden stehen daher nebeneinander. Abbildung 4: Zuordnung der Weisstannen zu zwei Verwandtschaftsgruppen aufgrund der genetischen Fingerabdrücke. Jeder Balken entspricht einem Individuum. Der Anteil des Balkens in einer bestimmten Farbe entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der das Individuum zu dieser Gruppe gehört. Bemerkenswert ist, dass Populationen entweder relativ klar einer der beiden Gruppe zugeordnet werden können oder aber gemischte Zugehörigkeit aufweisen. Dies lässt darauf schliessen, dass wir es mit zwei räumlich strukturierten Gruppen zu tun haben, welche sich dort, wo sie aneinander grenzen, über Generationen hinweg durchmischt haben. Diese Vermutung bestätigt sich in Abbildung 5. Hier wird wieder die Karte der Schweiz mit den Probestandorten gezeigt. In diesen Kuchendiagrammen werden die Anteile der beiden genetischen Verwandtschaftsgruppen innerhalb einer Population dargestellt. Anders als bei der Verteilung von schuppiger und glatter Borke, ist bei dieser Gruppeneinteilung ein geografisches Muster erkennbar. Die vorwiegend grüne Gruppe ist hauptsächlich im östlichen und südlichen Untersuchungsgebiet zu finden, während die rot dominierten Bestände vornehmlich in der Westschweiz liegen. Wir schliessen daraus, dass diese beiden genetischen Verwandtschaftsgruppen wie ursprünglich vermutet die letzte Eiszeit voneinander getrennt überdauerten. Durch die Wiedereinwanderung nach dem Gletscherrückzug kamen die beiden Gruppen im Bereich der Zentralschweiz wieder in Kontakt und begannen sich dort zu durchmischen.
5 5 Gruppe 1 Gruppe 2 Abbildung 5: Beprobte Weisstannen-Populationen in der Schweiz. Kuchendiagramme zeigen die Anteile, mit welchen eine Population zu einer von zwei genetischen Verwandtschaftsgruppen gehört. Zusammenhang genetischen Gruppen und Borkentypen Abbildung 5 zeigt, wie die Anteile der Borkenkategorien (glatt, intermediär, schuppig) in den beiden Verwandtschaftsgruppen verteilt sind. 166 Individuen konnten mit über 75% Wahrscheinlichkeit der Verwandtschaftsgruppe 1 und 72 der Verwandtschaftsgruppe 2 zugeordnet werden. Innerhalb der genetischen Gruppen sind die Individuen mit glatter, intermediärer resp. schuppiger Borke etwa gleich stark vertreten. Daher besteht kein Zusammenhang zwischen der Gruppeneinteilung anhand der untersuchten molekular-genetischen Marker und der Ausprägung der Borke. 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1 2 gene$sche Verwandtscha/sgruppen Abbildung 6: Anteile der verschiedenen Borkentypen (s=schuppig, i=intermediär, g=glatt) innerhalb der zwei genetischen Verwandtschaftsgruppen. s i g
6 6 Zusammenfassung/Ausblick Die Ursache für die verschiedenen Borkentypen konnten wir anhand der verwendeten molekulargenetischen Merkmale nicht herausfinden. Insbesondere liess sich unsere Hypothese, dass die unterschiedlichen Borkentypen auf genetische Verwandtschaftsgruppen beruhen, nicht bestätigen. Jedoch besteht ein Zusammenhang der räumlich-genetischen Struktur mit der Einwanderungsgeschichte der Weisstanne nach der letzten Eiszeit. Unsere Resultate stellen das Phänomen der unterschiedlichen Borkentypen jedoch nicht in Frage. Vielmehr ist es möglich, dass dieses Merkmal durch andere Gene bestimmt werden ähnlich wie beim Drehwuchs, welche mit den Verwandtschaftsbeziehungen, wie wir sie bestimmen konnten, nichts zu tun haben. Es besteht auch die Möglichkeit, das die Wuchsform und somit auch die Borkenform vielmehr von den Umweltbedingungen abhängig ist. Diese Umweltbedingungen müssten jedoch kleinräumig strukturiert sein, da innerhalb fast aller Populationen verschiedene Borkentypen vorkommen. Die beiden genetisch unterschiedlichen Gruppen strukturieren sich mit einer bemerkenswerten Deutlichkeit. Weisstannen wurden bisher noch nie auf dieser kleinräumigen Skala und mit so hoher genetischer Auflösung untersucht. Somit erscheint das Resultat als sehr verlässlich und aussagekräftig. Da die Borkentypen und die genetische Verwandtschaft nicht direkt miteinander zusammenhängen, sondern andere Gründe für diese Merkmalsausprägung verantwortlich sind, ist es sehr aufwändig, alternative Erklärungen für die Ursache des untersuchten Phänomens zu untersuchen. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um genetische oder umweltbedingte Gründe handelt.
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