Liebe Leserin, lieber Leser,
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- Katharina Buchholz
- vor 8 Jahren
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1 Liebe Leserin, lieber Leser, wenn ein naher Angehöriger plötzlich pflegebedürftig wird, muss schnell gehandelt werden. Hilfe und Pflege sind zu organisieren, der Alltag des Pflegebedürftigen muss häufig neu gestaltet oder gar der Umzug in eine Pflegeeinrichtung bewältigt werden. Das alles kostet viel Zeit. Wenn Sie Arbeitnehmer oder Auszubildender sind, können Sie sich in einer solchen Situation für bis zu zehn Arbeitstage von der Arbeit freistellen lassen. Einen Einkommensausgleich für diese Zeit bietet Ihnen das Pflegeunterstützungsgeld. Die Einzelheiten dazu und weitere Möglichkeiten der Vereinbarung von Pflege und Beruf erläutert Ihnen dieses Merkblatt.
2 Wie kann ich mich im Pflegefall freistellen lassen? Wird ein naher Angehöriger von Ihnen plötzlich pflegebedürftig und brauchen Sie Zeit, um sich zunächst selbst um ihn zu kümmern und die weitere Pflege zu organisieren, dürfen Sie für bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernbleiben. Voraussetzung dafür ist, dass die Pflegesituation akut aufgetreten ist und dass Ihre Freistellung erforderlich ist, dass für diese Hilfestellung also keine andere Person in Frage kommt. Als nahe Angehörige gelten Eltern, Großeltern und Schwiegerelten, Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister und Kinder, Schwieger- und Enkelkinder. Den Freistellungsanspruch haben Arbeitnehmer und Auszubildende, auch geringfügig Beschäftigte. Grundlage ist das Pflegezeitgesetz. Die Möglichkeit zur Freistellung soll Ihnen in einer einmaligen akuten Notsituation helfen und besteht daher nur einmal für jeden pflegebedürftigen Angehörigen. Darauf müssen Sie achten: Wenn Sie in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine Auszeit von der Arbeit nehmen, müssen Sie unverzüglich Ihren Arbeitgeber darüber informieren und ihm die voraussichtliche Dauer der Freistellung mitteilen. Unverzüglich bedeutet: spätestens am ers ten Arbeitstag der Freistellung am frühen Morgen. bb bb Ihr Arbeitgeber kann von Ihnen verlangen, dass Sie eine Bescheinigung des Arztes vorlegen, aus der die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen und die Notwendigkeit Ihrer Freistellung hervorgeht. Diese Bescheinigung können Sie aber nachreichen.
3 Was ist das Pflegeunterstützungsgeld? Wenn Sie wegen einer akuten Pflegesituation der Arbeit fernbleiben, muss Ihr Arbeitgeber Ihnen im Regelfall das Entgelt für diese Zeit nicht fortzahlen, es sei denn, es besteht eine besondere tarifliche oder betriebliche Vereinbarung darüber. Damit Ihr Einkommens ausfall für diese Zeit ausgeglichen wird, gibt es seit Anfang 2015 das Pflegeunterstützungsgeld. Das Pflegeunterstützungsgeld ist eine Leistung der Pflegeversicherung. Ansprechpartner dafür sind die Pflegekassen der jeweiligen Krankenkassen. Zuständig für das Pflegeunterstützungsgeld, das Sie erhalten, ist die Pflegekasse Ihres pflegebedürftigen Angehörigen. Sie erhalten kein Pflegeunterstützungsgeld, wenn Sie für die Ausfallzeit Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber oder Kinderkrankengeld oder eine vergleichbare Leistung der Unfallversicherung erhalten.
4 Wie lange erhalte ich Pflegeunterstützungsgeld? Der Anspruch besteht für die Zeit der Freistellung von der Arbeit wegen einer plötzlich eingetretenen Pflegesituation, jedoch für höchstens zehn Arbeitstage. Selbstverständlich können Sie auch für einen kürzeren Zeitraum der Arbeit fernbleiben und erhalten dann für diesen kürzeren Zeitraum Pflegeunterstützungsgeld. Die maximale Anspruchsdauer von zehn Arbeitstagen gilt für Vollzeitkräfte wie für Teilzeitbeschäftigte, die an weniger als fünf Tagen in der Woche arbeiten. beispiel: Aufgrund eines Unfalls im Haushalt muss Eva Schröder sich ab Sonntag, dem 1. Februar, um ihre nun pflegebedürftige Mutter kümmern. Eva Schröder arbeitet als Verkäuferin im Einzelhandel jeweils montags bis donnerstags. Am Montag, dem 2. Februar, teilt sie ihrem Arbeitgeber mit, dass sie die nächsten beiden Wochen freigestellt werden möchte, um die Pflege zu organisieren. Frau Schröder macht damit gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung für acht Arbeitstage geltend. Gegenüber der Pflegekasse ihrer Mutter hat sie Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für den Zeitraum dieser beiden Wochen, in denen ihr Entgelt ausfällt.
5 Wie hoch ist das Pflegeunterstützungsgeld? Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Wenn Sie in den letzten zwölf Monaten vor der Freistellung eine Einmalzahlung wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld erhalten haben, beträgt es 100 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts. Allerdings gibt es eine Obergrenze: Das Pflegeunterstützungsgeld wird höchstens bis zu einem Betrag von 96,25 Euro pro Tag gezahlt (2015). Vom Pflegeunterstützungsgeld werden noch Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Das Pflegeunterstützungsgeld wird nach Kalendertagen berechnet. beispiel: Eva Schröder arbeitet vier Tage in der Woche für ein Monatsentgelt von 1.900,00 Euro brutto. Im Februar 2015 lässt sie sich wegen einer akuten Pflegesituation für acht Arbeitstage freistellen. Ihr Entgeltausfall beträgt 950,00 Euro brutto und 634,37 Euro netto. Im Dezember 2014 hat sie Weihnachtsgeld erhalten. Frau Schröder hat gegenüber der Pflegekasse ihrer Mutter einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld von 100 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts, also 634,37 Euro. (Der kalendertägliche Höchstbetrag von 96,25 Euro wird nicht überschritten.) Von diesem Betrag werden noch Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung abgezogen, aber keine Lohnsteuer.
6 Wie beantrage ich Pflegeunterstützungsgeld? Zuständig für Pflegeunterstützungsgeld ist die Pflegekasse des Angehörigen, um den Sie sich während der Freistellung kümmern. Dort stellen Sie bitte den Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld und reichen die ärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes Ihres pflegebedürftigen Angehörigen ein. Das sollten Sie spätestens am ersten Tag der Freistellung tun, denn der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld so steht es im Gesetz ist unverzüglich zu stellen. Bei der Pflegekasse wird man Sie zum weiteren Verfahren beraten. Auf jeden Fall benötigt die Pflegekasse eine Bescheinigung des Arbeitgebers über den Entgeltausfall. Diese müssen Sie bei Ihrem Arbeitgeber anfordern und an die Pflegekasse weiterreichen. Sie müssen die Bescheinigung nicht unmittelbar bei der ersten Antragstellung beifügen, sondern können sie nachreichen.
7 Was muss ich sonst noch beachten? Wenn Ihr Antrag bearbeitet ist, erhalten Sie von der Pflegekasse Ihres Angehörigen eine Bescheinigung über den Zeitraum und die Höhe des bewilligten Pflegeunterstützungsgeldes. Diese Bescheinigung übermitteln Sie bitte Ihrem Arbeitgeber. Er benötigt sie für die Entgeltunterlagen, um nachweisen zu können, warum Ihnen für diesen Zeitraum kein Entgelt gezahlt worden ist. Bescheinigung für den Arbeitgeber nicht vergessen!
8 Wie geht es weiter? Die Pflegeberatung Die Pflegeversicherung unterstützt Sie nicht nur finanziell, sondern bietet Ihnen auch eine kurzfristige Beratung zu allen Aspekten der Pflegesituation an. Wenden Sie sich dazu bitte an die Pflegekasse Ihres Angehörigen. Sie vereinbart mit Ihnen dann einen Termin, zu dem ein Pflegeberater zu Ihrem Angehörigen kommt. An diesem Gespräch können Sie selbstverständlich auch teilnehmen, wenn Ihr Angehöriger es wünscht. Pflegeberater beraten Sie zu allen Fragen der Organisation der Pflege, der verschiedenen Dienste und Hilfen und zu möglichen Leistungen der Pflegeversicherung. Leistungen der Pflegeversicherung Die Pflegeversicherung erbringt Leistungen bb zur häuslichen Pflege. Das kann eine finanzielle Unterstützung der pflegenden Angehörigen sein (Pflegegeld) oder die Übernahme von Kosten eines professionellen Pflegedienstes (Pflegesachleistung) bb zur stationären Pflege. Die stationäre Pflege findet in eigenen Pflegeeinrichtungen (Heimen) statt. Die Leistungen der Pflegeversicherung decken nur die pflegerischen Kosten ab, nicht jedoch die Kosten für Unterbringung und Verpflegung. Wie hoch die Leistungen sind, hängt vom Pflegebedarf ab. Dabei wird zwischen den Pflegestufen 1 (geringer Bedarf), 2 (höherer Bedarf) und 3 (größter Bedarf) unterschieden. Darüber hinaus gibt es ergänzende Leistungen für Hilfen im Alltag, bei Verhinderung von pflegenden Angehörigen und weitere.
9 Die Pflegezeit Wenn Sie sich dafür entscheiden, Ihren Angehörigen für längere Zeit selbst zu pflegen, kommt dafür eine Pflegezeit oder eine Familienpflegezeit in Frage. Bei einer Pflegezeit können Sie sich für bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise freistellen lassen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur in Betrieben, die mindestens 15 Beschäftigte haben. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht während dieser Zeit nicht. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis während der Pflegezeit nicht kündigen. Eine Pflegezeit müssen Sie spätestens zehn Tage vor Beginn schriftlich beim Arbeitgeber ankündigen und dabei angeben, wie lange sie dauern soll und wenn Sie in Teilzeit arbeiten wollen auf welche wöchentliche Stundenzahl Sie die Arbeitszeit verringern wollen. Der Arbeitgeber kann dem nur widersprechen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.
10 Die Familienpflegezeit Die Familienpflegezeit kann bis zu 24 Monate dauern. Bei der Familienpflegezeit kommt nur eine Reduzierung der Arbeitszeit in Frage; sie muss weiter mindestens 15 Stunden in der Woche betragen. Auch dafür muss der Betrieb, in dem Sie beschäftigt sind, mindestens 15 Beschäftigte haben, damit Sie einen gesetzlichen Anspruch darauf haben. Anders als bei der Pflegezeit gibt es hierbei die Möglichkeit eines Einkommensausgleichs. Dieser wird allerdings als Darlehen gewährt und muss von Ihnen nach Ende der Familienpflegezeit zurückgezahlt werden. Zuständig ist das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Eine Familienpflegezeit müssen Sie Ihrem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor deren Beginn schriftlich ankündigen. Über die Teilzeitregelung wird dann eine schriftliche Vereinbarung getroffen. Einkommensausgleich bei Pflegezeit und Familienpflegezeit bb Während einer Pflegezeit oder Familienpflegezeit arbeiten Sie in Teilzeit. Für diese Zeit können Sie vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen bekommen. Es wird monatlich ausgezahlt und beträgt die Hälfte der Differenz, die zwischen Ihrem Nettoentgelt vor der Pflegezeit/Familienpflegezeit und dem während der Pflegezeit/Familienpflegezeit besteht. bb Nach der Pflegezeit/Familienpflegezeit ist das Darlehen innerhalb von 48 Monaten zurückzuzahlen.
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