Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern, Freunde,
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- Katarina Marielies Sternberg
- vor 8 Jahren
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1 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern, Freunde, wenn ich mir die vergangenen zwei Jahre so vor Augen führe, dann bildete die Aufnahmezeremonie immer den Höhepunkt des ganzen Jahres. Euch heute, stellvertretend für die fast 200 Stipendiaten aus NRW, bei Start willkommen zu heißen und damit ein Teil des Tages sein zu dürfen, der euch und euer Leben verändern wird, erfüllt mich mit Freude und Stolz. Ich heiße euch und Sie, meine sehr verehrten Gäste, herzlich Willkommen. Doch vielleicht zunächst einige Worte zu mir. Mein Name ist Abdullah Celik, ich bin 18 Jahre alt und nun im zweiten Jahr Verbundssprecher in NRW. Geboren wurde ich in der kleinen kurdischen Stadt Savur. Aufgrund des jahrelangen Konfliktes in der Türkei brachten meine Eltern mich und meine 4 Geschwister 1997 notgedrungen nach Deutschland. Vor einem Jahr bin ich aus Bielefeld nach Aachen gezogen. Ich besuche dort nun die 12. Klasse des Kaiser Karls Gymnasiums. Ich habe mir eben einen Moment Zeit genommen, mich heute ein wenig hier umzusehen. Was ich sah, erfüllte mich mit einem großen Gefühl des Stolzes. Ich bin stolz, dass ihr ab heute Teil unserer Gemeinschaft seid, die für die meisten wie eine zweite Familie geworden ist. Ich bin stolz, dass ihr ab heute die Möglichkeit bekommt, gemeinsam mit uns einen neuen unbekannten Weg zu bestreiten. Ich bin stolz, auf jeden Einzelnen von euch.
2 Wenn ich persönlich meine Kindheit betrachte, dann war es ein Satz, der diese prägte. Du bist wie die anderen. Diesen Satz hörte ich von vielen Menschen, die mir damit das Gefühl geben wollten, dass ich einer von Ihnen bin. Doch wenn ich eins bei Start gelernt habe, dann dass ich nicht bin wie die anderen. Ich musste mit 5 Jahren in ein fremdes Land fliehen. Ich habe jahrelang unter menschenunwürdigen Verhältnissen in einem Asylheim gelebt. Ich hatte keinerlei Unterstützung von der Gesellschaft. Ich wurde zu oft nach meiner Herkunft beurteilt. Ich erzähle Ihnen dies heute nicht, um Mitleid zu erregen. Ich erzähle es Ihnen, als eines von vielen Beispielen, von wo wir Start- Stipendiaten, aber auch andere Kinder mit Zuwanderungsgeschichte, starten mussten. Und wo stehen wir heute? Wir bringen gute Leistungen in der Schule, wir sprechen fließend Deutsch, wir geben Nachhilfe, sind Schülersprecher, engagieren uns in der Politik und in der Gesellschaft, und das mit einer Selbstverständlichkeit. Wir sind nicht wie die anderen. Wir haben angefangen, als Fremde in der Gesellschaft. Heute sind wir Teil der Gesellschaft. Dass diese Worte auch auf euch zutreffen, davon konnte ich mich persönlich beim letzten Bildungsseminar überzeugen. Ich muss ehrlich eingestehen, dass wir seit langen keinen solch bunten, interessanten und lustigen Jahrgang bei Start hatten. Dafür will ich mich bei jedem Einzelnen von euch bedanken. Ihr habt auf dem letzten Seminar sicherlich schon ein kleines Bild davon bekommen, was euch nun bei Start erwartet. Dieses Bild will ich heute erweitern.
3 Die materielle und ideelle Förderung bilden den Rahmen und das Fundament von Start. Ihr habt regelmäßige Treffen, Bildungsreisen und Seminare, die vor allem durch ihre Professionalität gekennzeichnet sind. Außerdem erhaltet ihr regelmäßig Geld, mit dem ihre die Bildung erhaltet, die euch zusteht. Und habt örtliche Betreuer und Landeskoordinatoren, die immer für euch da sind. Diese Angebote machen Start zu etwas großem. Zu etwas Besonderem machen es jedoch die Menschen. Ihr werdet Menschen bei Start treffen, die wenig Hilfe auf ihrem schwierigen Weg hatten und dennoch mit jeder Selbstverständlichkeit anderen helfen. Menschen die unter den schwierigsten Verhältnissen leiden und dennoch euch jedes Mal mit einem breiten Lachen entgegenkommen. Menschen, die jahrelang nach ihrer Herkunft beurteilt wurden und dennoch euch von dem guten im Menschen überzeugen wollen. Und ihr werdet andere treffen, die euch in dem bestärken, was ihr euch vorgenommen habt, euch Mut machen und neue Wege zeigen, vor allem aber eines tun, was leider oft gefehlt hat: euch sagen, dass es gut ist, dass ihr hier seid, dass ihr wie alle anderen dazugehört und gebraucht werdet. Doch Start hilft nicht nur jedem von uns persönlich, es birgt in sich auch ein großes Potenzial für die Gesellschaft. Wenn man sich mal die PISA oder IGLU-Studie anschaut, so wird einem schnell deutlich, dass Menschen mit Zuwanderungsgeschichte selbst heute noch unter großen Chancenungleichheiten leiden. Start will dem entgegenwirken. Gerade die ideelle Förderung öffnet uns Türen, die für uns ohne Start sicherlich verschlossen geblieben wären. Das gibt uns die Möglichkeit, großes zu erreichen und dann die Hand denen zu reichen, die nicht wie wir Eltern und Lehrer hatten, die hinter Ihnen standen - denen die unter der großen Last der Ungerechtigkeit zusammengebrochen sind.
4 Wenn es dann soweit ist, sollten wir uns nicht von unserem Erfolg blenden lassen. Wir sollten, genau wie es unsere Eltern und Lehrer gemacht haben, diesen Kindern die Möglichkeit geben, ihre Potenziale zu entfalten und großes zu erreichen. Dieser Grundsatz sollte jedoch nicht nur dann, sondern immer gelten. Bei all euerer Arbeit sollte Erfolg nicht das oberste Gebot euer Entscheidungen sein. Das ihr euch für die Gesellschaft einsetzt und sie mit eurem Engagement bereichert, hat euch heute zu Start geführt. Macht weiter und ihr werdet sehen, dass sie euch noch in vielen Dingen bereichern wird. Die Erfahrung, die ihr in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen oder Senioren macht, wird euch stets zu etwas besonderem machen. Lasst also nicht nach in eurem Engagement, von dem wir gerade so eindrucksvoll gehört haben. Wissen sie eigentlich mit welchen Worten unsere Nationalhymne beginnt? Einigkeit und Recht und Freiheit. Mir geht es heute um das erste Wort. Einigkeit. Sich einig sein oder im übertragenen Sinne eins sein. Doch ich glaube gerade die derzeitige Debatte hat gezeigt - richtig einig sind wir uns leider viel zu selten. Es ist paradox, dass ich wenn ich das Wort Einigkeit höre, immer an Start denken muss. Trotz unserer Vielfalt, wir sind immerhin Menschen aus mehr als 70 Nationen, bilden wir eine Einheit. Und ich will Ihnen sagen, wie dieses möglich ist. Bei Start ist die Frage - Woher kommst du? uninteressant. Wir fragen - Was hast du erlebt? Wohin willst du?
5 Wie diese Einheit, aber auch im Großen gelingen kann, zeigt uns unsere Geschichte. Wir hatten gestern den Tag der deutschen Einheit. Für mich persönlich ist dieser Tag die Sternstunde unserer Geschichte. Der Gedanke der Einheit war für viele unvorstellbar. Was sie hervorbrachte, war weder die Wirtschaft, noch die Politik. Es war der Traum der Menschen. Es war genau dieser eine Traum, der die Menschen zur Mauer holte. Dieser eine Traum der Ihnen den Mut gab, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Dieser eine Traum der sie vereinte. Und dieser Traum lebt, heute wie gestern. Gestern handelte er von der Einheit der Menschen aus Ost und West. Heute handelt er, von der Einheit zwischen Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte. Und genau wie vor 20 Jahren liegt es nun an uns, nicht darauf zu warten, dass die Wirtschaft oder Politik uns die Einheit bringt. Es liegt an uns, an unseren Traum zu glauben und die Mauern in unseren Köpfen niederzureißen. Dankeschön!
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