ERSTE LESUNG Sach 9, 9-10 SIEHE, DEIN KÖNIG KOMMT ZU DIR; ER IST DEMÜTIG
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- Jobst Dresdner
- vor 8 Jahren
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1 ERSTE LESUNG Sach 9, 9-10 SIEHE, DEIN KÖNIG KOMMT ZU DIR; ER IST DEMÜTIG Lesung aus dem Buch Sacharja So spricht der Herr: Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin. Ich vernichte die Streitwagen aus Efraim und die Rosse aus Jerusalem, vernichtet wird der Kriegsbogen. Er verkündet für die Völker den Frieden; seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Eufrat bis an die Enden der Erde ZWEITE LESUNG Röm 8, WENN IHR DURCH DEN GEIST DIE SÜNDIGEN TATEN DES LEIBES TÖTET, WERDET IHR LEBEN Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer Brüder! Ihr seid nicht vom Fleisch, sondern vom Geist bestimmt, da ja der Geist Gottes in euch wohnt. Wer den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm. Wenn der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er, der Christus Jesus von den Toten auferweckt hat, auch euren sterblichen Leib lebendig machen, durch seinen Geist, der in euch wohnt. Wir sind also nicht dem Fleisch verpflichtet, Brüder, so dass wir nach dem Fleisch leben müssten. Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben.
2 EVANGELIUM Mt 11, ICH BIN GÜTIG UND VON HERZEN DEMÜTIG + Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht. Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und der, dem es der Sohn offenbaren will. (Mt 11, 27) Dieser Satz Jesu stammt aus dem Matthäus-Evangelium, aber er zeigt eine große Nähe zu Johannes und seinen Texten: Die enge Beziehung zwischen Jesus und dem Vater ist bei Johannes fortwährend Thema. Dieser Satz rührt mich besonders an, weil er meinem Weihespruch ähnlich ist, der auf meinem Primizbildchen, auf der Rückseite stand. Der hieß: Der Vater liebt den Sohn, und alles hat er in seine Hand gegeben. (Jh 3,35)
3 Als ich mich vor 27 Jahren auf die Priesterweihe und die Primiz vorbereitete, kam ich irgendwann auf diesen Satz. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf, und bis heute beschäftigt mich die Art der Beziehung zwischen Gott, dem Vater und dem Sohn. Die frühe Kirche reflektierte diese Beziehung so eingehend, dass sich daraus die theologische Idee der Dreifaltigkeit entwickelte. Der Satz bei Matthäus steht noch ganz am Anfang dieser Dreifaltigkeitsüberlegungen. Jesus sagt: Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und der, dem es der Sohn offenbaren will. Das gegenseitige Kennen des Vaters und des Sohnes spielt an auf die besondere Beziehung zwischen Vater und Sohn - wie es sie in jeder Familie gibt. In dem Satz Jesu sind drei Themen von Bedeutung: Erbschaft, Anerkennung und Einführung in das Leben. Der erste Satz spricht davon, dass der Sohn - wie in einem großen Erbe - alles vom Vater bekommen hat. Was das ist, wird nicht gesagt. Es muss aber etwas sein, das aus der Beziehung zwischen Vater und Sohn entsteht. Die Entwicklungs-Psychologie sagt uns, dass ein Kind, das von seinen Eltern Anerkennung und Ermutigung erfährt, dadurch zu einem Leben aus eigenem Recht fähig wird. Das Erbe, das der Sohn vom Vater bekommt, wäre diese Befähigung zu einem selbstverantworteten, mündigen Leben aus eigenem Recht. Das zweite Thema ist die gegenseitige Anerkennung von Vater und Sohn. Sie ist die Voraussetzung, das Erbe zu erhalten. Zwischen Eltern und Kind herrschen Ehrlichkeit, Offenheit und Vertrauen. Das ist in der Realität eine Idealvorstellung; der psychische Vorgang ist aber so: Wo eine solche Beziehung zwischen Eltern und Kind besteht, kann das Kind mit Vertrauen das Leben lernen. Das dritte Thema in diesem Satz ist die Einführung in das Leben. Sohn und Tochter lernen aus der Beziehung zu den Eltern, wie das Leben gelingen kann, und geben dieses Lebenswissen an die eigenen Kinder weiter - und zwar so gut er oder sie es eben kann.
4 Der zutiefst religiöse Satz deutet einige entscheidende Inhalte nur an. Die erschließen sich aber aus dem psychologischen Hintergrund. Der lautet: elterliche Anerkennung und Wertschätzung machen das Kind lebenstüchtig, so dass es später diese Lebenstauglichkeit den eigenen Nachkommen weitergeben kann. Dieser Satz über die Eltern-Kind-Beziehung, Erbschaft und Lebenstauglichkeit steht Pate für die religiöse Aussage in der Rede Jesu: Er sieht sich selbst als den einzigen Sohn des Vaters, der alle Anerkennung und Lebensstärkung von Gott bekommen hat. Diese Anerkennung gibt er nach eigenem Ermessen an die Jünger weiter, das heißt: denjenigen, denen er es offenbaren will. Die Aussage dieses Satzes in der Predigt Jesu lautet: Die Ermächtigung zu einem Leben aus eigenem Recht gebe ich mir nicht selber; die erhalte ich von Gott. Und sie ist unabhängig davon, ob ich als Mensch in meiner Familie die Anerkennung und Förderung erhalten habe, die mir gut getan hätte. Einzig der dreifaltige Gott ist es, der jedem von uns diese Lebenstauglichkeit zuspricht. Wir brauchen sie uns nicht zu verdienen. Gott schenkt sie uns - wie ein großes Erbe, das schon vor mir und unabhängig von mir da war... Ich bekomme es geschenkt, ohne es mir erarbeiten zu können. Das nennt man Gnade. Und das gibt jedem dieselbe Chance. Wenn wir uns die Idee der göttlichen Dreifaltigkeit vorstellen, reden wir mitunter vom Vater, dem Sohn und der Liebe, weil die Liebe häufig als Bezeichnung für die besondere Beziehung zwischen Vater und Sohn angeführt wird. Im Text heute sehen wir einen anderen Namen für diese Beziehung: Es sind die Anerkennung und das Vertrauen, die Vater und Sohn miteinander verbinden. In diese Beziehung Jesu zum Vater sind wir als seine Jünger -, als seine Erben und seine berufenen, auserwählten Freunde alle mit hinein genommen. Das Primizbildchen und der Weihespruch gelten also nicht nur dem Priester. Jesus sagt:
5 Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und der, dem es der Sohn offenbaren will. (Mt 11, 27) - J e d e r, dem es der Sohn offenbaren will! (Dr. H-J. Reuther, Pfr.)
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