Statistische Tests (Signifikanztests)
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- Birgit Diefenbach
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1 Statistische Tests (Signifikanztests) [testing statistical hypothesis] Prüfen und Bewerten von Hypothesen (Annahmen, Vermutungen) über die Verteilungen von Merkmalen in einer Grundgesamtheit (Population) auf der Basis vorliegender Stichproben, die aus dieser Grundgesamtheit gezogen wurden. Hypothesen über die Verteilungen in der Grundgesamtheit beziehen sich z.b. auf Parameter (z.b. Durchschnittswert, Median, Varianz), die Verteilungsfunktion insgesamt (z.b. deren Form), die Unabhängigkeit, die Stärke bzw. die Form einer Abhängigkeit... 1
2 Beispiel (Körpergröße von 10 jährigen Kindern): Merkmal(e) Körpergröße Körpergröße Körpergröße Körpergröße, Geschlecht Körpergröße, Alter Annahme für die Grundgesamtheit Die mittlere Körpergröße ist gleich 145 cm. Die mittlere Körpergröße ist kleiner als 145 cm. Die Körpergröße lässt sich durch eine normalverteilte Zufallsvariable beschreiben. Die beiden Merkmale sind unabhängig. Die Körpergröße hängt vom Alter ab, wobei die Abhängigkeit durch eine Funktion der Art Körpergröße = a Alter + b (lineare Funktion) beschrieben wird. 2
3 Fiktiver Dialog: A: B: A: Ich glaube, dass Kinder in diesem Alter im Durchschnitt 145 cm groß sind. Wir haben Ergebnisse einer Erhebung mit Angaben von 200 Kindern in diesem Alter, und da lag die durchschnittliche gemessene Größe bei cm. Na und? Das war bestimmt Zufall! Nimm andere Kinder in diesem Alter, und dann erhältst Du etwa den Wert 145 cm. Frage: Sind die 1.3 cm Differenz nun Resultat einer geringeren mittleren Körpergröße in der Grundgesamtheit oder sind sie nur zufälliges Resultat der Stichprobenziehung aus der Grundgesamtheit? 3
4 Wir wollen also folgende Hypothese auf der Basis der uns vorliegenden Daten von 200 Kindern überprüfen: Die durchschnittliche Körpergröße aller Kinder in der Grundgesamtheit beträgt 145 cm. 1. Formulierung der Hypothesen: Vergleich des Durchschnittswertes (Erwartungswertes) µ X Zufallsvariable X, die die Körpergröße von rein zufällig ausgewählten 10 jährigen Kindern aus der Grundgesamtheit beschreibt, mit einem hypothetisch unterstellten Durchschnittswert µ 0 = 145. der 4
5 Formulieren zweier sich gegenseitig ausschließender Hypothesen: H 0... Nullhypothese [null hypothesis] H A... Alternativhypothese [alternative hypothesis] H 0 : µ X = µ 0 = 145 (Nullhypothese) mögliche Alternativhypothesen H A zur Nullhypothese H 0 sind z.b.: H A : µ X µ 0 = 145 (zweiseitige Alternative) H A : µ X < µ 0 = 145 (einseitige Alternative) Eine einseitige Alternative wird benutzt, wenn es eine interessierende Richtung der Abweichung von H 0 gibt. 5
6 2. Festlegung des Signifikanzniveaus [level of significance] α: Wir legen die Irrtumswahrscheinlichkeit fest, mit der wir die Nullhypothese fälschlicherweise ablehnen, obwohl sie wahr ist. Übliche Werte: α zwischen 0.1 und Wir wählen im Beispiel α =
7 3. Aufstellen einer Testgröße [test statistic] T : Die Testgröße ist eine Stichprobenfunktion, deren Verteilung unter der Annahme, dass H 0 wahr ist, (zumindest näherungsweise) bekannt sein muss. Für AnwenderInnen: bekannte Tests aus der Literatur. Fragen Sie Ihre Statistikerin oder Ihren Statistiker. Wichtig: Auswahl eines für die Daten (Skalenniveau) und die Fragestellung geeigneten Testverfahrens. Häufig setzt die Anwendung eines Testverfahrens weitere Modellannahmen voraus, über die nachzudenken ist, und die zunächst untersucht und evtl. auch getestet werden sollten. 7
8 Im Beispiel: Anwendung des einfachen t Tests (SPSS: Analysieren Mittelwerte vergleichen T Test bei einer Stichprobe). Testvoraussetzungen: X normalverteilt oder Stichprobenumfang n hinreichend groß (n > 30) Testgöße T für einfachen t Test: T = X µ 0 S X n 8
9 Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und H 0 richtig ist, dann gilt (zumindest näherungsweise) für eine entsprechende mathematische Stichprobe: T ist t verteilt mit n 1 Freiheitsgraden. Für die konkrete Stichprobe erhalten wir x = s X = n = 200 Unter der gewählten Nullhypothese H 0 gilt µ 0 = 145, und für die konkrete Testgröße ergibt sich demnach t =
10 4. Ermittlung der Überschreitungswahrscheinlichkeit [p-value] (p Wert): Ist H 0 wahr (ist µ 0 also der wahre Erwartungswert), so sollte die konkrete Stichprobe einen Wert t der Testgröße in der Nähe von 0 ergeben ( x µ 0 ). Daher ist H 0 abzulehnen, wenn der Wert t weit weg von 0 in Richtung auf H A liegt. 10
11 Wird die zweiseitige Alternativhypothese H A : µ X µ 0 = 145 verwendet, dann sind Abweichungen des beobachteten Durchschnittswerts x von µ 0 = 145 nach oben und nach unten zu berücksichtigen, und die Überschreitungswahrscheinlichkeit P ( T t ) = P (T t ) + P (T t ) muss ermittelt werden. Auf Grund der Symmetrie der t Verteilung gilt P ( T t ) = 2 P (T t ) = 2 P (T t ) 11
12 Wird die einseitige Alternativhypothese H A : µ X < µ 0 = 145 verwendet, dann ist nur die Abweichung des beobachteten Durchschnittswerts x von µ 0 = 145 nach unten zu berücksichtigen und P (T t) zu ermitteln. 12
13 SPSS berechnet beim einfachen t Test die Überschreitungswahrscheinlichkeit P ( T t ) = 2 P (T t ) = 2 P (T t ) für die zweiseitige Alternative H A : µ X µ 0 unter der Bezeichnung Sig. (2-seitig). Im Beispiel erhalten wir P ( T ) = P ( T 2.545) =
14 Will man die einseitige Alternative H A : µ X < µ 0 = 145 verwenden, so ist zur Ermittlung der zugehörigen Überschreitungswahrscheinlichkeit P (T t) der von SPSS ausgegebene Wert zu halbieren, falls t negativ ist. Ist t positiv, so gilt P (T t) 0.5. Im Beispiel erhalten wir wegen t = < 0 P (T 2.545) = 1 2 P ( T 2.545) = =
15 Allgemein: Ablehnung von H 0, wenn der Wert der Testgröße t weit weg (im Hinblick auf H A ) von den unter H 0 typischen Werten von T liegt. Typische Werte der Verteilung der Testgröße haben große Einzelwahrscheinlichkeiten bzw. große Werte der Dichte. 15
16 5. Anwendung der Entscheidungsregel: Ist die ermittelte Überschreitungswahrscheinlichkeit (p Wert) kleiner oder gleich dem gewählten Signifikanzniveau α, so wird die Nullhypothese H 0 abgelehnt. Im anderen Falle ist gegen H 0 nichts einzuwenden. 16
17 Damit wird H 0 : µ X = µ 0 = 145 bei Verwendung der zweiseitigen Alternativhypothese H A : µ X µ 0 = 145 und des Signifikanzniveaus α = 0.05 abgelehnt, denn für den p Wert gilt P ( T t ) = = α H 0 wird natürlich auch bei Verwendung der einseitigen Alternativhypothese H A : µ X < µ 0 = 145 abgelehnt, denn für den zugehörigen p Wert gilt P (T t) = = = α 17
18 Im betrachteten Beispiel ist also die Wahrscheinlichkeit zufällig in einer Stichprobhe eine Abweichung von mindestens 1.3 cm nach oben oder nach unten vom hypothetisch unterstellten Durchschnittswert µ 0 = 145 zu erleben nur Wenn also die Nullhypothese gilt, ist das nur in 1.2% aller Fälle bei mathematischen Stichproben vom Umfang n = 200 zu erwarten. Bei dem gewählten Signifikanzniveau von α = 0.05 führt das zur Ablehnung der Nullhypothese. Hätten wir dagegen ein Signifikanzniveau α = 0.01 also eine kleinere Irrtumwahrscheinlichkeit verwendet, so würde das nicht zur Ablehnung von H 0 führen. 18
19 6. Mögliche Fehlentscheidungen: Bei der Verwendung der Nullhypothese H 0 und der Alternativhypothese H A gibt es zwei mögliche Fehlentscheidungen. Fehler erster Art [type I error]: Die Nullhypothese H 0 wird abgelehnt, obwohl sie richtig ist. Fehler zweiter Art [type II error]: Die Nullhypothese H 0 wird nicht abgelehnt, obwohl die Alternativhypothese H A richtig ist. 19
20 Die verwendete Entscheidungsregel für einen Signifikanztest zum Signifikanzniveau α sichert, dass eine wahre Nullhypothese H 0 höchstens mit Wahrscheinlichkeit α abgelehnt wird. Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler erster Art ist also stets kleiner oder gleich α, denn die Überschreitungswahrscheinlichkeit wird unter der Annahme berechnet, dass H 0 wahr ist. 20
21 Die Wahrscheinlichkeit einen Fehler zweiter Art zu begehen ist bei einem Signifikanztest i.a. nur sehr schwierig oder gar nicht ermittelbar, denn die Verteilung von T ist unter der Alternativhypothese in vielen Fällen nicht bekannt. Problem: Reduziert man die Wahrscheinlichkeit für den Fehler erster Art (durch ein kleineres α), so vergrößert sich die Wahrscheinlichkeit für Fehler zweiter Art, und umgekehrt. In welchem Maße dies geschieht, ist i.a. unbekannt. 21
22 Bei einem sehr kleinen α wird H 0 nur abgelehnt, wenn man sich sehr sicher ist, dass die Ablehnung richtig ist. Dann haben wir jedoch eine große Wahrscheinlichkeit für den Fehler 2. Art. Mit einem hinreichend kleinem α lässt sich demnach jede Nullhypothese retten. 22
23 Will man bei Nichtablehnung von H 0 eine Entscheidung formulieren, dann z.b. Auf der Basis der Stichprobe ist gegen H 0 nichts einzuwenden. Fehlentscheidungen bei Signifikanztests lassen sich nur für den Fall der Ablehnung der Nullhypothese quantifizieren. Der Fehler 1. Art ist dann höchstens α. Aus diesem Grunde wird häufig die eigentlich zu untersuchende Arbeitshypothese als Alternativhypothese formuliert. Wird dann die Nullhypothese abgelehnt, so wird die verfolgte Arbeitshypothese indirekt bestätigt. 23
24 Einfacher t Test Anliegen: Überprüfung von Hypothesen über das Zusammenfallen des Erwartungswertes µ X einer Zufallsvariable X mit einem vorgegebenen Wert bei unbekannter Varianz (mindestens Intervallskala erforderlich). Voraussetzungen: (X 1,..., X n ) mathematische Stichprobe aus einer normalverteilten Grundgesamtheit oder mit hinreichend großem Stichpobenumfang (n > 30). 24
25 Hypothesen: H 0 : µ X = µ 0 H A : µ X µ 0 (1) H A : µ X < µ 0 (2) H A : µ X > µ 0 (3) Testgröße: T = X µ 0 S X n Unter H 0 ist T (näherungsweise) t verteilt mit n 1 Freiheitsgraden. 25
26 p Wert: p = P ( T t ) bei (1) p = P (T t) bei (2) p = P (T t) bei (3) Entscheidungsregel: Ablehnung von H 0, falls p α. Bemerkung: Ist die Varianz von X bekannt, kommt der weitgehend äquivalente Gauß Test zur Anwendung. 26
2. Formulieren von Hypothesen. Nullhypothese: H 0 : µ = 0 Gerät exakt geeicht
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