Die NVV-Mobilfalt. Integration von Mitfahrgelegenheiten in den ÖPNV
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- Ingrid Knopp
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1 Die NVV-Mobilfalt. Integration von Mitfahrgelegenheiten in den ÖPNV Dipl.-Ing. Carolin Röhrig NVV, Flexible Bedienungsformen Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur Biosphärenreservat Rhön, 22. Mai 2015
2 Der Nordhessische Verbundraum Gegründet im Jahr km 2 Fläche - monozentrische Raumstruktur 1 Mio. Einwohner (EW), davon EW im Großraum Kassel und ca EW innerhalb der Stadt Kassel Rund 8 Mio. km SPNV und ca. 26 Mio. km Busverkehr (davon ca. 11 Mio. km regional) 6 lokale Nahverkehrsgesellschaften Rund 40 Verkehrsunternehmen 70 Mio. Fahrgäste pro Jahr
3 1. Warum brauchen wir Mobilfalt?
4 - 4 - Zu- bzw. Abnahme der Bevölkerung in den kreisfreien Städten und Landkreisen Hessens ( ).* *Statistische Berichte, Bevölkerung in Hessen Hessisches Statistisches Landesamt 2010
5 - 5 - Folge der Bevölkerungsrückgänge Konzentration von Arbeitsplätzen und Versorgungseinrichtungen in Zentren (Raum Kassel, Rhein-Main, Raum Hannover) Sinkende Schülerzahlen verändern Schullandschaft durch Zentralisierung von Schulen und weiteren Wegen zu diesen Dies führt zu steigendem Mobilitätsbedürfnis der Menschen bei immer schwierig werdender Angebotsfinanzierung des ÖPNV Ausdünnung des Angebots abends und am Wochenende Die aktuelle Studie des Potsdamer Institutes für Nachhaltigkeitsstudien (IASS) bringt eine Entsiedlung ländlicher Räume ins Spiel (Quelle ÖPNV Aktuell 72/13) ( ), dass es sinnvoller und nachhaltiger sein kann, punktuell eine Entsiedlung und neue Wildnisflächen zu fördern, als Infrastrukturen zu bezahlen, die in manchen Regionen dieses Landes kaum noch jemand nutzt (ISSS 2013: 71).
6 - 6 - Anlass zum Handeln Einrichtung privater Mitfahrbörse für lokale Fahrgemeinschaften in 2009 Gründung aufgrund des mangelnden Busangebotes Als Beispiel wurden Verbindungen benannt, auf denen der NVV planmäßigen Taktbusverkehr anbietet Sollen wir uns ausgerechnet dort, wo schon eine geringe Nachfrage besteht, um dieses Potential streiten? Bei Erfolg der Mitfahrbörse wäre die Konsequenz, dass wir uns als NVV aus dieser Region zurückziehen, denn wir sind dort ökonomisch auf jeden Fahrgast angewiesen. Bedingungen des ÖPNV - speziell im ländlichen Raum - werden sich künftig aufgrund der demographischen Entwicklungen nachhaltig verändern Heutigen üblichen Angebote werden in Zukunft auf dem Prüfstand stehen
7 - 7 - Unsere Antwort auf die mobilen Herausforderungen Mobilität Vielfalt
8 - 8 - Mobilfalt Mobilfalt garantiert in den Mobilfalt-Gemeinden eine stündliche und tägliche Erreichbarkeit aller Ortsteile von 5 Uhr bis Mitternacht Mobilfalt bindet Ortsteile an den Gemeindehauptort, das Einkaufszentrum, den Bahnhof und das regionale Busnetz an Mobilfalt bietet keine Parallelverkehre an. D.h. unter den oben genannten Bedingungen wird die Mobilität zwar garantiert, dies aber mit den jeweils passenden (motorisierten) Verkehrsmitteln Mobilfalt vernetzt den motorisierten Individualverkehr mit ÖPNV Mobilfalt greift auf Verkehrsmittel zurück, die vor Ort vorhanden sind: Taxen, Busse und Eisenbahnen, auch die privaten PKW So entstehen vollkommen neue flexible Angebote für Nutzer und Anbieter.
9 Drei Pilotregionen für die Mobilfalt Witzenhausen Einwohner Im nördlichen Werra-Meißner-Kreis Kleinstadt, Außenstandort der Uni Kassel 16 Stadtteile Zweckverband Sontra/Nentershausen/Herleshausen Sontra: Einwohner, 16 Stadtteile Nentershausen: Einwohner, 6 Ortsteile Herleshausen: Einwohner, 11 Ortsteile Im südlichen Werra-Meißner-Kreis, nördlichen Kreis Hersfeld-Rotenburg Ländlich geprägt Niedenstein Einwohner Im nördlichen Schwalm-Eder-Kreis Umland Stadt Kassel Wohngemeinde im Einzugsbereich VW-Werk 5 Ortsteile
10 Starke Partner für Mobilfalt Die NVV-Mobilfalt ist ein Zukunftsprojekt des NVV mit dem Werra-Meißner- und Schwalm-Eder-Kreis finanziert und unterstützt durch das Land Hessen. Weitere Partner im Mobilfalt-Projekt: Beteiligte Kommunen: Nentershausen Witzenhausen Niedenstein Sontra Herleshausen
11 2. Wie funktioniert das neue Angebot?
12 Mobilfalt - Fahrplan als Baukasten Vorhandene ÖV-Linien werden durch Mobilfalt auf einen Stundentakt gefüllt Errichtung neuer Haltestellen z.b. am Einkaufsmarkt, Ärztehaus, Schwimmbad,... Fahrplan wurde im NVV-Layout als Linienfahrplan veröffentlicht Alle mit Mobilfalt-Logo gekennzeichneten Fahrten im Fahrplan sind sowohl auf Nutzer- wie auch auf Anbieterseite - bedarfsgesteuert. D.h. sie finden nur statt, wenn ein Nutzer mitfahren möchte, bei Vorlage eines Fahrtwunsches wird zuerst geprüft, ob ein Privat-PKW für eine Mitfahrt zur Verfügung steht. Wenn ja, dann wird die Fahrt Privat gefahren, liegt kein privates Angebot vor, wird automatisch ein Taxi bestellt.
13 Mobilfalt - Fahrplan als Baukasten
14 Mobilfalt - Fahrplan als Baukasten
15 Wie wird verrechnet Grundprinzip: Kosten für Mitfahrer und Anbieter sind vorher festgelegt und bedürfen keiner weiteren Verhandlung zwischen den Teilnehmern. Fahrtanbieter (privat) bekommt für jeden tatsächlich mit Fahrgast gefahrenen Kilometer 0,30 Euro als Zuschuss für seine Betriebskosten. Pendler können ihre regelmäßig anfallenden Fahrtkosten durch Mobilfalt-Fahrten reduzieren Mitfahrer zahlt 1 Euro für die Mobilfalt-Fahrt innerhalb einer Gemeinde, d.h. zwischen zwei Gemeinden 2 Euro. Tarif ist Bestandteil des NVV-Tarif! Die Abrechnung erfolgt immer für beide Seiten bargeldlos über die Buchungssoftware.
16 Die rechtlichen Fragen Mit Projekt wurde in großen Teilen echte Pionierarbeit geleistet. Zahlreiche sich daraus ergebende Fragestellungen mussten beantwortet werden. Dazu zählt die Konzessionsrechtliche Bewertung Mobilfalt unterliegt nicht dem Konzessionsrecht, da es sich um keine regelmäßigen Fahrten handelt. Steuerrechtliche Bewertung Private Anbieter haben keine gewerblichen Absichten, daher ist keine Gewerbeanmeldung erforderlich. Aufwandsentschädigung ist bei Steuererklärung zu berücksichtigen. Versicherungsrechtliche Bewertung Die Mitfahrt kommt zwischen zwei Personen privat zustande. Der NVV tritt als Vermittler aber nicht als Anbieter auf.
17 Die Rolle der Taxiunternehmen bei Mobilfalt In jeder Mobilfaltgemeinde muss eine Absicherung der Rückfallvariante bestehen. Wenn ein Fahrgast eine Fahrt bucht, aber kein privates Angebot vorliegt, dann löst der NVV sein Versprechen der garantierten Beförderung ein. Dazu wurde jeweils ein Vertrag mit örtlichen Mietwagenunternehmen geschlossen. NVV zahlt in Pilotphase einen Mindestumsatz an Taxiunternehmen, die dafür die Abdeckung in der gesamten Zeit garantieren, in der Mobilfalt angeboten wird. Sie kommen zum Einsatz, wenn kein privates Angebot vorliegt. Problem: Es gibt nicht (mehr) in allen Kommunen Mietwagenanbieter. Ohne diese garantierte Rückfallebene kann aber keine Mobilfalt angeboten werden.
18 Das Buchungssystem Buchungssystem beruht auf einem bewährten Buchungssystem für AST-Buchungen, wurde um Komponente des flexiblen Fahrtanbietens erweitert Alle wichtigen Informationen sind hinterlegt und mit NVV-Fahrplanauskunft verknüpft Nach Anmeldung und persönlichen Freischaltung erhalten Nutzer und Anbieter MobilfaltCard und Mobilfalt-Konto Jetzt können Fahrten gebucht oder angeboten werden Anmeldung/Buchung auch per Telefon oder persönlich in Mobilitätszentrale möglich Buchungssystem bietet kontinuierliche Kontrolle der Entwicklungen vor Ort
19 Viele Ansprechpartner vor Ort Starthelfer in allen Pilotkommunen: Starthelfer werben für das Projekt in ihrem Ort Sie informieren und erklären das neue Angebot Sie werden durch den NVV geschult und mit anderen Starthelfern vernetzt Ein umfangreiches Marketingkonzept: Informationsveranstaltungen und -stände vor Ort Plakate, Infoflyer etc. überall dort, wo sich die Menschen aufhalten Internetauftritt Kinospot Anlaufstationen: Bäckerei Arztpraxis Tankstelle Friseur usw.
20
21 Ansprechpartner für alle Fälle die Mobilitätszentrale In Eschwege wurde die NVV-Mobilitätszentrale für das Projekt Mobilfalt aufgebaut. Dort findet sowohl die persönliche Beratung als auch die telefonische Buchung und Auskunft statt. Die Mobilitätszentrale bietet zudem: touristische Auskunft, Vermietung von Elektrofahrrädern, Car-Sharing über ortsansässiges Autohaus Mittelfristig sind weitere Tätigkeiten vorgesehen: Organisation von anderen flexiblen Bedienungsformen
22 4. Welchen Mitteleinsatz erfordert Mobilfalt?
23 Die Kostenkalkulation Beispiel für Stadt Witzenhausen: Gesamtangebot Mobilfalt beläuft sich auf km pro Jahr (Mobilfalt). Der prognostizierte Nutzungswert liegt bei 5% der angebotenen Fahrten ( km). Davon erwarten wir, das km über private Anbieter organisiert werden und km über die Rückfallvariante mit Taxi. Derzeit liegt die Nachfrage noch unter diesem Wert. Nachgefragte Fahrten Gesamtangebot PKW Rückfall-Taxi
24 Die kalkulierten Kosten für die Mobilfalt Witzenhausen: Kalkulation Aktuell in 2014 PKW (0,30 Euro/km) 4.082,- 177,- Rückfall-Taxi (1,20 /km) , ,- zusammen , ,- Nach Abzug der Mobilfalt-Einnahmen in Höhe von 2.992, , ,.- Gesamtkosten in Höhe von ,- p.a ,- p.a. D.h. für 1,18 Euro/EW als Zuschuss wurde in Witzenhausen 2014 eine organisierte, stündliche Erreichbarkeit aller Ortsteile sichergestellt. Nachteil bedarfsgesteuerter Systeme: Wenn Nutzung steigt, steigen auch die Kosten!
25 3. Wie wollen wir die Menschen begeistern?
26 5. Die Erfahrungen nach knapp zwei Jahren
27 Wir betrachten das Projekt und stellen fest: Im Mobilfaltsystem derzeit über 875 Mobilfalt-Teilnehmer. Davon aktuell über 80 private Fahrer und rund 450 Mitfahrer aktiv (übrigen Teilnehmer befinden sich zwischen Anmeldung/Freigabe) Seit Projektstart (April 2013) rund Fahrten durchgeführt Nachfrage (Buchungen als Fahrgast) liegt noch unter Erwartung von 5 % Bei ca. 600 täglich anbietbaren Fahrten ist die Chance, Anbieter und Mitfahrer auf einer Fahrt zusammenzubringen statistisch noch gering. Derzeit gibt es wöchentlich private Fahrtangebote (3,5 % aller Fahrten) Wenige Anbieter, die aktiv nach Fahrtwünschen suchen und diese anbieten Auswertungen zeigen, dass 90% der Mitfahrer einen Weg mit Mobilfalt machen und einen mit Bus (z.b. Hin- und zurück)
28 Zwischenfazit Mobilfalt gelangte trotz hoher Hürden innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit von einer theoretischen Planung in eine praktische Umsetzung Landesmittel für Projekt flossen weniger in Gutachten als in direkte Wirkung vor Ort Interesse und Begeisterung vor Ort sind hoch! Zugang zur Buchung muss neben der Softwarelösung verstärkt über persönliche Unterstützung angegangen werden Hintergrundsysteme und Nutzerzugänge müssen kundengerecht ausgebaut werden, dazu laufen nun Forschungsprojekte, die dies ermöglichen Bisher keine App für Mobilfalt, Entwicklung geplant
29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Weitere Infos:
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