6 Farben und Entstehung von Licht
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- Stefan Jasper Kerner
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1 6 Farben und Entstehung von Licht 6.1 Die Grenzen der Strahlenoptik Bisher haben wir uns mit geometrischer Optik oder Strahlenoptik befasst. Sie beruht auf der Voraussetzung der geradlinigen Ausbreitung des Lichts. Auf dieser Grundlage kann man z.b. die Schattenbildung, die Lochkamera, Linsenabbildungen usw. verstehen. Die geometrische Optik reicht aber nicht aus, um alle optischen Phänomene zu erklären. Deshalb wurde im 19. Jahrhundert eine neue Lichttheorie, die Wellentheorie entwickelt. Z.B. die Brechung lässt sich nicht im Rahmen der Strahlenoptik erklären. In diesem Kapitel verlassen wir die Strahlenoptik und wollen uns mit Farben beschäftigen. 6.2 Die Newton schen Versuche 1. Die Farbzerlegung am Prisma Trifft ein schmales Bündel weissen Lichts auf ein Glasprisma, so beobachtet man nicht nur eine Ablenkung, sondern auch eine Auffächerung des Lichts in ein Farbband, in ein Spektrum, das die kontinuierlich ineinander übergehenden Farben Rot Orange Gelb Grün Blau Indigo Violett enthält. Reihenfolge: ROGGBIV. 57
2 Die Farbe Rot erfährt dabei eine kleinere Ablenkung als Violett; der Brechungsindex für rotes Licht ist also ein wenig kleiner und damit die Lichtgeschwindigkeit etwas grösser als für violettes Licht. Merkspruch: rot läuft rascher Diese Aufspaltung von weissem Licht in Farben, welche man als Dispersion bezeichnet, wurde 1672 von I. Newton eingehend erforscht. Man nennt die Farben, die dabei entstehen Spektralfarben. 2. Die Unzerlegbarkeit der Spektralfarben Wird ein schmaler Teil des Spektrums durch ein kleines Prisma P ein zweites Mal abgelenkt, so erfährt diese ausgeblendete Spektralfarbe keine weitere Zerlegung. 3. Vereinigung der Spektralfarben Vereinigt man alle beim Durchgang durch ein Prisma entstandenen Spektralfarben mit einer Linse auf einem Schirm, so erhält man wieder die Farbe Weiss. Newton schloss daraus: Weisses Licht ist aus vielen verschiedenen Lichtarten zusammengesetzt, die für sich allein die Empfindung einer der Spektralfarben, zusammen aber die Empfindung Weiss hervorrufen. Die Spektralfarben selbst sind physikalisch einheitliche, nicht weiter zerlegbare Lichtarten. Alle anderen Farben (nicht Spektralfarben) sind Mischungen von verschiedenen Farben. Unser Auge kann die Farben nicht einzeln wahrnehmen, sondern erzeugt daraus einen Farbeindruck. 58
3 6.3 Farbsehen 6.4 Additive Farbmischung Um 1800 machte der englische Arzt Thomas Young eine fundamentale Entdeckung. Er fand, dass sich alle Farbeindrücke durch Mischung von nur drei farbigen Strahlenbündeln (Grundfarben) hervorbringen lassen. Als Grundfarben werden im allgemeinen Rot, Grün und Blau verwendet. Wo das rote und grüne Licht gemischt werden, entsteht der Farbeindruck Gelb. Die Vermischung von rotem und blauem Licht liefert Purpur (Magenta). Die Mischung von blauem und grünem Licht ergibt Blau-Grün (Cyan), und alle drei Grundfarben zusammen erscheinen dem Auge als Weiss. Diese Zusammenhänge werden mit den nebenstehenden additiven Farbkreisen erläutert. Ändert man die Intensität einzelner Grundlichter, so entstehen andere Mischfarben. Alle Farbeindrücke auch solche die im Sonnenspektrum nicht vorkommen können auf diese Weise erzeugt werden. rotes Licht + grünes Licht = gelbes Licht rotes Licht + blaues Licht = purpur/magenta Licht blaues Licht + grünes Licht = blau-grünes/cyan Licht rotes Licht + blaues Licht + grünes Licht = weisses Licht Zur Wiedergabe eines farbigen Bildes müssen also nicht alle Spektralfarben reproduziert werden. Es genügt eine passend gewählte Mischung der Grundfarben Rot, Grün und Blau. Im Auge können so alle Farbeindrücke hergestellt werden. Diese additive Farbmischung wird beispielsweise Bildschirmen angewendet. Das farbige 59
4 Bild ist dort aus einer grossen Zahl roter, grüner und blauer Bildpunkte (oder Bildstreifen) zusammengesetzt, die eng beieinander liegen und in verschiedenen Intensitäten leuchten. 6.5 Subtraktive Farbmischung Ein gelbes Glas ( Gelb=Rot+Grün ) lässt die Farben Gelb, Rot und Grün hindurch treten. Ein blau-grünes Glas ( Blau-Grün=Blau+Grün ) ist für die Farben Blau-Grün, Blau und Grün durchlässig. Beleuchtet man ein gelbes Glas und ein blau-grünes Glas mit weissem Licht und projiziert die durchtretenden Lichtbündel übereinander, so ergibt sich durch additive Farbmischung Weiss, da alle additiven Grundfarben Rot, Grün und Blau (RGB) enthalten sind. Lässt man jedoch das weisse Licht nacheinander durch die beiden farbigen Gläser treten, so durchdringt nur derjenige Farbrest die zwei Gläser, der von beiden durchgelassen wird. Durch subtraktive Farbmischung entsteht somit Grün. Die nebenstehenden subtraktiven Farbkreise erläutern diese Zusammenhänge. Die Farbe Purpur heisst in der Fachsprache Magenta, Blau-Grün bezeichnet man auch mit Cyan. Dieses Beispiel zeigt, dass additive und subtraktive Farbmischung zu verschiedenen Ergebnissen führen. Bei der additiven Farbmischung werden farbige Lichtbündel überlagert. Bei der subtraktiven Farbmischung dagegen werden durch Absorption Farbanteile entzogen. Sie ist unter anderem für die Malerei von Bedeutung, da sie bei Farbstoffen auftritt. Mischt man z.b. gelbe und blau-grüne Farbe, so entsteht im weissen Licht die subtraktive Mischfarbe Grün. Die gelbe Farbe reflektiert nämlich vorwiegend rotes, gelbes und grünes Licht und verschluckt (absorbiert) alle anderen Spektralfarben. Die blau-grüne Farbe wiederum reflektiert hauptsächlich das blaue, das grüne und das violette Licht und absorbiert alle anderen Spektralfarben. Da nur grünes Licht von beiden Farbstoffen reflektiert wird, erscheint eine Mischung von gelber und blauer Farbe grün. Im folgenden bedeuten durchgestrichene Farben, dass diese Farben absorbiert werden: rote Farbe: rotes Licht + grünes Licht + blaues Licht grüne Farbe: rotes Licht + grünes Licht + blaues Licht blaue Farbe: rotes Licht + grünes Licht + blaues Licht weisse Farbe: rotes Licht + grünes Licht + blaues Licht purpur Farbe: rotes Licht + grünes Licht + blaues Licht 6.6 Das sichtbare und das unsichtbare Spektrum Das mit einem Prisma erzeugte Spektrum einer Kerzenflamme oder einer Lampe enthält alle Farben von Rot bis Violett in einem zusammenhängenden Band. Dieses sog. kontinuierliche Spektrum ist typisch für glühende Körper. Verwendet man als Lichtquelle z.b. eine Leuchtstoffröhre, in welcher Gase zum Leuchten gebracht werden, so erhält man einzelne getrennte Spektrallinien. Solche diskrete oder Linienspektren, sind typisch für leuchtende Gase. 60
5 Die von einem Körper ausgehende Strahlung besteht nicht nur aus dem sichtbaren Spektrum, sondern reicht auf beiden Seiten weit über dieses hinaus. Die infrarote oder Wärmestrahlung schliesst am roten, die ultraviolette Strahlung am violetten Ende des sichtbaren Spektrums an. Unterhalb der infraroten Strahlung schliessen die sog. Radiowellen, oberhalb der ultravioletten die Röntgen- und γ-strahlung an. Alle diese Strahlungsarten sind Teile des elektromagnetischen Spektrums Sichtbares Licht Nur ein schmaler Bereich dieser Strahlung ist für uns Menschen als Licht sichtbar, im Bereich von 380 nm (violett) bis 780 nm (rot). Der sichtbare Bereich ist eingerahmt von der ultravioletten (UV-) und der infraroten (IR-) Strahlung UV-Strahlung Die unsichtbare Ultraviolettstrahlung wird in drei Bereiche unterteilt: UV-C ( nm) wird von der Atmosphäre absorbiert. UV-B ( nm) erreicht die Erdoberfläche und sorgt dafür, dass die Menschen in der Sonne braun werden. Von einfachem Fensterglas wird UV-B jedoch fast komplett zurückgehalten. UV-A ( nm) wird von Fensterglas nicht absorbiert. Sonnenlicht ist relativ UV-A reich Infrarotstrahlung Licht enthält in aller Regel auch Infrarotstrahlung. Es wird unterschieden zwischen nahem IR ( nm) und fernem Infrarot (1, µm). Infrarotstrahlung, in geringerem Masse auch schon die sichtbare Rotstrahlung, führt zur Erwärmung der bestrahlten Oberflächen. Auch hier sind grosse Unterschiede zwischen den Lichtquellen auszumachen. So enthält direktes Sonnenlicht und Glühlampenlicht recht viel IR-Strahlung. Halogen-, Leuchtstoff- und Entladungslampen erzeugen weniger IR-Strahlung. Die IR-Strahlung führt zur Erwärmung der bestrahlten Oberflächen und zur Erwärmung des Raums. Dunkle Flächen heizen sich hierbei stärker auf als helle. 61
6 62
7 6.7 Die Entstehung von Licht in Atomen: der Quantensprung Beim Übergang eines Elektrons von einem höheren in einen tieferen Energiezustand im Atom entsteht Licht (Photon) einer ganz bestimmten Wellenlänge resp. Frequenz, d.h. einer ganz bestimmten Farbe. 6.8 Temperaturstrahler Sonne, Kerze, Glühlampe, Halogenlampe: die wichtigsten Lichtquellen dieser Welt sind Temperaturstrahler. Wie wir es vom Eisen her kennen, das zunächst rot glüht und bei zunehmender Temperatur gelb bis weiss (Weissglut!) leuchtet, hängt die Lichtfarbe eines heissen Gegenstands von seiner Temperatur ab. Die menschliche Wahrnehmung kann nicht gut zwischen den verschiedenen Lichtfarben unterscheiden, da sie sich an die jeweilige Situation anpasst. So erscheint uns Sonnenlicht ebenso wie Glühlampenlicht als weisses Licht. Wird eine weisse Wand allerdings teilweise von Sonnenlicht und teilweise von Glühlampenlicht erhellt, so erscheint das Glühlampenlicht wesentlich gelblicher als das Sonnenlicht. Die Grafik zeigt die Lichtfarbe (links: rot, Mitte: weiss, rechts: blau) eines glühenden Gegenstands. Links ist die Temperatur am tiefsten, rechts am höchsten. 63
8 6.9 Himmelblau und Abendrot Streuung von Licht Der Himmel ist blau. Ausserhalb der Atmosphäre ist das Weltall aber schwarz. Das Blau unseres Erdhimmels hängt mit der Atmosphäre zusammen, die den Erdmantel umgibt. Sowohl das Himmelblau als auch das Abendrot ist mit der Streuung des Sonnenlichts an sehr kleinen Teilchen zu verstehen. In Erinnerung an den Wissenschaftler Lord Rayleigh, der diese Streuung sehr intensiv untersucht hat, spricht man auch von Rayleigh-Streuung. Als Streuteilchen kommen in erster Linie die Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle der Luft in Frage. Rayleigh fand nun heraus, dass die Intensität des gestreuten Lichtes stark von der Lichtfarbe abhängt. Rotes Licht wird relativ wenig, grünes Licht z.b. schon mehr und blaues Licht sehr stark gestreut. Das von der Sonne kommende Licht ist rein weiss (Überlagerung aller Spektralfarben von violett bis rot). Würde ein Astronaut im All die Sonne betrachten, so würde er eine weisse Sonne sehen. Der Betrachter auf der Erde sieht eine gelbliche Sonne, da besonders der blaue Anteil des Spektrums bei ihm stark geschwächt ankommt und die Überlagerung der anderen Farben einen gelblichen Eindruck vermittelt. Himmelblau Im Bild ist vom weissen Licht repräsentativ jeweils der rote, grüne und blaue Anteil dargestellt. Auf dem Weg zum Beobachter verliert der rote Anteil kaum an Intensität. Vom grünen Licht wird wenig, vom blauen sehr viel aus dem ursprünglichen Strahl gestreut. Bei der Streustrahlung in alle Richtungen überwiegt der blaue Anteil. Daher sieht der Beobachter blaues Licht von allen Richtungen, rotes und grünes Licht vornehmlich nur, wenn er in Richtung Sonne schaut, die ihm aufgrund des stark reduzierten blauen Anteils gelblich erscheint. 64
9 Abendrot Steht die Sonne am Abend ganz am Horizont, so muss das Licht eine wesentlich längere Strecke durch die Atmosphäre zurücklegen als am Mittag, wenn die Sonne über uns steht. Dadurch trifft das Licht auf wesentlich mehr Streuteilen, wodurch die Intensität des ins Auge des Beobachters treffenden Lichtes mehr geschwächt wird als am Mittag. Darüber hinaus gelangt fast nur noch der rote Anteil des Lichtes zum Beobachter, da für diese Farbe die Streuung am geringsten ist. Die Sonne erscheint uns rot, man spricht vom Abendrot. 65
10 6.10 Der Regenbogen 66
11 Und zum Schluss: Was ist Licht? Wohlwissend, dass selbst die moderne Physik keine abschliessende Antwort hat, so sei diese Frage doch nochmals gestellt. Was ist für dich Licht? Notiere einige Stichwörter. 67
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