Lerne ein Kind aus Ruanda und seine Familie kennen! 1
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- Robert Peters
- vor 6 Jahren
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1 1 Lerne ein Kind aus Ruanda 1 Hallo, ich heiße Niyobuhungiro Jean D Amour und bin 9 Jahre alt. Ich lebe in Ruanda, im Sektor Butare des Distrikts Rusizi. Heute erzähle ich Euch ein bisschen aus meinem Leben. Meine Familie, das sind meine fünf älteren Geschwister und ich. Meine Mutter starb als ich sechs war, mein Vater war schon ein Jahr vorher gestorben. Es war sehr schwer und sie fehlen mir. Keiner konnte uns aufnehmen, also blieben wir allein im Haus unserer Eltern wohnen. Unser ältester Bruder Amos und die zweitälteste Schwester Clarisse bemühen sich sehr, unsere Eltern zu ersetzen. Sie haben mit der Schule aufgehört, beide in der sechsten Klasse. Das ist hier in Ruanda die letzte Klasse der Grundschule. Seitdem arbeiten sie, um die Familie zu ernähren. Genau wie früher unsere Eltern, arbeiten sie auf dem Feld. Unser Feld ist aber viel zu klein. Darauf kann man nicht genug anpflanzen, um uns alle sechs zu ernähren. Darum arbeiten sie oft für die Nachbarn. Entweder sie bearbeiten deren Feld, oder sie transportieren deren Ernte auf dem Kopf zum Markt. Dafür bekommen sie etwas Geld, pro Tag weniger als einen Euro. Trotzdem haben wir oft nur sehr wenig zum Essen. Frau 1 Diese Beschreibung des Alltags einer Kinderfamilie in Ruanda wurde auf Basis von Interviews mit den Familienmitgliedern verfasst und mit Hintergrundinformationen ergänzt, um die Lebenssituation der Kinderfamilien in Ruanda für die Schülerinnen und Schüler in Deutschland verständlich darzustellen.
2 2 Adeline von Strive Foundation sagt, dass wir Jüngeren Mangelerscheinungen haben. Das heißt wir wachsen nicht so schnell wie andere Kinder, die immer genug zum Essen haben. Wir Jüngeren, also meine Schwestern Dosita und Florence, mein Bruder Dushimimana und ich, gehen alle zur Schule. Ich gehe in die zweite Klasse. Beinahe hätten wir alle die Schule verlassen müssen, weil wir kein Geld für Schulmaterialien wie Hefte, Stifte und Schuluniformen hatten. Dann kam Strive Foundation und gab uns diese Materialien, sodass wir zum Glück alle weiter zur Schule gehen konnten. Da wir alle noch in die Grundschule gehen, haben unsere Uniformen die typischen Farben: Khaki für Jungs und Blau für Mädchen. Das sind unsere einzigen guten Anziehsachen. Deshalb tragen wir sie auch zu allen besonderen Anlässen, zum Beispiel wenn wir sonntags in die Kirche gehen. Morgens muss ich als erstes Wasser holen. Ich habe gehört, dass es bei Euch Wasser und Strom im Haus gibt. Das wäre toll! Aber leider haben wir keinen Strom, und um Wasser zu holen, müssen wir immer mit dem Kanister zum Brunnen laufen. Sonst können wir uns und unsere Sachen nicht waschen, können nicht kochen und haben nichts zum Trinken. Ich habe also eine sehr wichtige Aufgabe! Daran denke ich immer, wenn es mich mal besonders nervt, und dann geht es auch wieder. In der Regenzeit kann es morgens ganz schön kalt sein und die Wege sind matschig und glitschig. In der Trockenzeit hat man diese Probleme nicht, dafür ist es ganz staubig, das mag ich auch nicht. Aber ich weiß eben, dass es sein muss, also gehe ich jeden Morgen los. Oft kommt jemand von meinen Geschwistern mit, und meistens trifft man dabei Freunde und Nachbarskinder. Unterwegs wird viel erzählt und rumgealbert. Das kann ganz lustig sein.
3 3 Meine zweite wichtige Aufgabe ist das Sammeln von Feuerholz. Meine Schwestern kochen unser Essen immer über offenem Feuer. Es gibt einmal am Tag Essen, immer abends. Manchmal ist es ziemlich wenig und ich bin nicht richtig satt wenn ich ins Bett gehe. Das sind schlimme Tage! Strive Foundation hat uns Herrn Edmond geschickt. Er hat sich alles angeschaut und seit kurzem kommt er regelmäßig, um Amos und Clarisse zu zeigen, wie sie mehr Essen auf unserem kleinen Stück Land anpflanzen können. Er kennt da viele Tricks, sagen die beiden. Auf dem Foto stehen wir alle in unserem neuen Gemüsegarten. Hoffentlich wächst da bald ganz viel! Außerdem muss ich noch jeden Tag den Abwasch machen. Mein Bruder Dushimimana, der drei Jahre älter ist als ich, hat dieselben Aufgaben wie ich. Für sechs Leute Wasser und Feuerholz zu holen und den Abwasch zu machen ist zu viel Arbeit für einen von uns alleine. Meine Schwestern Clarisse, Dosita und Florence halten das Haus sauber, waschen die Wäsche und kochen. Florence, die jüngste von ihnen, hilft uns Jungs manchmal bei unseren Aufgaben. Dosita hilft in den Ferien den beiden Ältesten, Amos und Clarisse, beim Geldverdienen. Amos ist der Chef im Haus. Manchmal nervt er ganz schön, wenn er uns sagt, was wir machen sollen. Aber wir wissen alle, dass wir sehr froh sein können, ihn zu haben. Ich bewundere ihn. Hoffentlich werde ich später mal so stark wie er! Wenn alle meine Aufgaben erledigt sind und es noch hell ist, darf ich mit meinen Freunden spielen gehen. Am Liebsten spiele ich Fußball. Dazu benutzen wir selbstgebastelte Bälle aus den Blättern der Bananenpflanze.
4 4 In der Schule bin ich am Besten in Kinyarwanda, das ist meine Muttersprache. Sie ist sehr schwierig, und deswegen haben viele Kinder in dem Schulfach schlechte Noten. Ich nicht! Später möchte ich einmal Krankenpfleger werden. Leuten wie meinen Eltern, die plötzlich krank werden, kann ich dann helfen. Abends, wenn es dunkel wird, gibt es endlich etwas zum Essen. Mein absolutes Lieblingsessen sind Süßkartoffeln mit roten Bohnen. Natürlich mag ich auch gern Fleisch, aber das gibt es nur zu Weihnachten, weil es so teuer ist. Ein Tag an dem es mein Lieblingsessen gibt, und an dem ich Zeit hatte, mit meinen Freunden Fußball zu spielen, ist ein perfekter Tag für mich! Nach dem Essen sind dann noch die Schulaufgaben dran. Danach gehen wir meistens ziemlich bald schlafen. Morgens wird es gegen sechs Uhr hell. Dann müssen wir aufstehen und gleich an unsere Aufgaben gehen. Wir hoffen alle, dass das Projekt, das uns Frau Adeline und Herrn Edmond geschickt hat, unser Leben noch weiter verbessern wird. Bisher haben wir die Schulmaterialien und eine Krankenversicherung bekommen. Bald können wir hoffentlich viel mehr Essen aus unserem Garten ernten. Vielleicht lernt eine meiner Schwestern bald, die Nähmaschine zu benutzen, die hier schon lange nutzlos herum steht. Wir haben sie schon vor längerer Zeit geschenkt bekommen. Als Schneiderin würde Clarisse viel mehr Geld verdienen als mit der Feldarbeit. Aber bisher hat es ihr keiner beigebracht. Ich habe gehört, dass das in dem Projekt vielleicht möglich ist
5 5 Interview-Leitfaden Dieses Interview ist ein Beispiel dafür, wie ihr mit dem Text über Jean D Amours Leben arbeiten könnt. Ihr könnt gemeinsam in der Klasse die Antworten sammeln oder den Text aufteilen und euch in Gruppen gegenseitig interviewen. Ihr könnt auch eigene Fragen hinzufügen, ein Rollenspiel daraus machen Eurer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt! Geht Jean D Amour in die Schule? Und seine Geschwister? Was möchte Jean D Amour einmal werden, wenn er groß ist, und warum? Was hat Jean D Amour für tägliche Aufgaben? Welche haben seine Geschwister? Wie oft isst die Familie am Tag? Was isst die Familie meistens, und was eher selten? Was macht Jean D Amour abends? Wen oder was hat Jean D Amour besonders gern? Was hast Du mit Jean D Amour gemeinsam? Welche Unterstützung erhält die Familie im Kinderfamilienprojekt?
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