Grundfutter - Starthilfe für den Pansen
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- Miriam Gerber
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1 BILDUNGS- UND WISSENSZENTRUM AULENDORF - Viehhaltung, Grünlandwirtschaft, Wild, Fischerei - Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung und Grünlandwirtschaft LVVG Briefadresse: Postfach Aulendorf Hausadresse: Atzenberger Weg Aulendorf Telefax (07525) Vermittlung (07525) Grundfutter - Starthilfe für den Pansen Silke Brändle, Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf Milch und Fleisch aus Grundfutter zu produzieren das ist der unschlagbare Vorteil des Wiederkäuers. Grundvoraussetzung hierfür ist sein ausgeklügeltes Vormagensystem. Dieses System, besiedelt mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Mikroorganismen, ermöglicht es unseren Rindern die im Grundfutter enthaltene Energie und das darin enthaltene Protein zu nutzen. Die Entwicklung eines voluminösen, gesunden und funktionsfähigen Pansens ist deshalb bei der Kälberaufzucht ein wichtiges Ziel, welches von Anfang an verfolgt werden sollte. Zum Zeitpunkt der Geburt besitzen Kälber lediglich einen funktionsfähigen Labmagen, der auf die Verdauung von Milch- oder Milchaustauschertränke eingestellt ist. Das Vormagensystem der Kälber umfasst zu diesem Zeitpunkt lediglich etwa 0,75 Liter und ist noch funktionslos. Erst in den folgenden Lebenswochen entwickelt es sich (Darstellung 1) und wird langsam von Mikroorganismen besiedelt. Im ersten Lebensjahr vergrößert sich das Vormagenvolumen des Jungrindes auf rund 90 Liter und ermöglicht somit dem Tier sich von nun an von Grundfutter zu ernähren. Zur Ausbildung des Vormagensystems ist die Aufnahme von Grundfutter notwendig. Dieses bewirkt eine Volumenvergrößerung und löst, durch die mechanische Reizung der Pansenwand, das Wiederkauen aus. Die gleichzeitige Gabe von Kälberkraftfutter bewirkt durch seine leicht löslichen Kohlenhydrate die Ausbildung der Pansenzotten, welche zur optimalen Aufnahme der, bei der Grundfuttervergärung im Pansen entstehenden, flüchtigen Fettsäuren notwendig sind. Im Praxisbetrieb kann beobachtet werden, dass Kälber ab der dritten Lebenswoche zunehmend Grundfutter aufnehmen und in der Folge mit dem Wiederkäuen beginnen. Ab diesem Zeitpunkt etablieren sich vermehrt Mikroorganismen im Pansen. Wichtig ist jedoch dem Kalb bereits ab der ersten Lebenswoche freien Zugang zu hochwertigem Grundfutter (Kälberheu oder
2 sehr gute und hygienisch einwandfreie Silage) zu ermöglichen. Ansonsten beginnen die Tiere unter Umständen Einstreumittel zu fressen, die hygienisch bedenklich sind. Gemäß der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung muss Kälbern spätestens vom achten Lebenstag an Raufutter oder sonstiges rohfaserreiches, strukturiertes Futter zur freien Aufnahme angeboten werden. Um die Festfutteraufnahme (Grundfutter und Kraftfutter) zu unterstützen muss den Kälbern zeitgleich ein freier Zugang zu frischem Wasser ermöglicht werden, da für die Entwicklung eines gesunden Pansenmilieus Wasser unabdingbar ist und sich die Beifutteraufnahme bei Wasseraufnahme erheblich erhöht. Es gilt zu beachten, dass Wasser den Kälbern hierfür in einem Eimer oder aus einem Tränkebecken bereitgestellt werden muss, damit es in den Pansen und nicht über die Schlundrinne in den Labmagen gelangt. Der freie Zugang zu Wasser ist in der oben genannten Verordnung vorgeschrieben und muss für jedes über zwei Wochen alte Kalb erfüllt sein. Heu, Grassilage oder Maissilage füttern? In den ersten sechs bis acht Lebenswochen wird die Verfütterung von gutem Kälberheu empfohlen. Heu bietet in dieser besonders kritischen Lebensphase der Kälber, in der die Tiere besonders anfällig für Durchfallerkrankungen sind, eine hohe Verfahrenssicherheit. Sollte betriebsbedingt kein Heu in ausreichender Qualität zur Verfügung stehen, dann ist auch der Einsatz von hygienisch einwandfreien Silagen (Gras- oder Maissilage) möglich. Die Kotkonsistenz der Kälber muss dann jedoch verstärkt beobachtet werden, um die Gefahr fütterungsbedingter Durchfälle zu minimieren. In einem Versuch des Bildungs- und Wissenszentrums Aulendorf wurde der Frage nach dem für die Kälberaufzucht am besten geeigneten Grundfutter nachgegangen. Verglichen wurde die Futteraufnahme sowie die Zuwachsleistungen männlicher und weiblicher Fleckviehkälber, die ab der 13. bis zur 26. Lebenswoche mit Maissilage, bzw. mit Grassilage gefüttert wurden. Beide Versuchsgruppen erhielten Grundfutter ad libitum (Gruppe 1 Maissilage + Heu, Gruppe 2 Grassilage) und bis zu 2 kg einer Kraftfuttermischung (Tabelle 1). Festgestellt werden konnte, dass die Kälber der Gruppe 1 (Maissilage) im Vergleich zu Gruppe 2 (Grassilage) im Zeitraum Lebenswoche höhere tägliche Zunahmen erreichten und am Ende der Versuchsperiode höhere Gewichte verzeichnen konnten (Tabelle 2). Grund hierfür
3 war die höhere Energiedichte der Ration (Maissilageration 11,2 MJ ME/kg TS; Grassilageration 10,5 MJ ME/kg TS). Grundsätzlich lagen die Zunahmen beider Versuchsgruppen jedoch über den für eine intensive Kälberaufzucht geforderten 800 g täglichen Zunahmen, die in den ersten 6 Lebensmonaten für Kälber der Rassen Fleckvieh und Holstein gefordert werden. Die Futteraufnahme beider Kälbergruppen war annähernd gleich. Unterschiede konnten jedoch bei der Futteraufnahme bezogen auf die Lebendmasse der Kälber festgestellt werden (Abbildung 2). Die mit Grassilage gefütterten Kälber nahmen hierbei durchgehend höhere Grundfuttermengen auf. Dies kann als Hinweis auf eine bessere Entwicklung des Vormagensystems gewertet werden. TMR in der Kälberfütterung eine pansenschonende Alternative Für Betriebe mit Futtermischwagen stellt der Einsatz einer so genannten Trocken- TMR für Kälber eine arbeitswirtschaftliche Alternative dar. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus Kraftfutter und Heu, die für mehrere Tage auf Vorrat bereitet werden kann. Versuche in Aulendorf, bei denen eine Mischung aus 40% Heu und 60% Kraftfutter ab der ersten Lebenswoche eingesetzt wurden zeigen, dass dieses Verfahren eine einfache Kontrolle der verzehrten Grund- und Kraftfuttermenge ermöglicht sowie die Gefahr einer Kraftfutterüberfütterung ausschließt. Voraussetzung für eine Erfolgreiche Kälberaufzucht mit Trocken-TMR ist eine sehr gute Heuqualität. Versuche an der Universität Hohenheim (van Ackeren, 2006) kamen zu dem Ergebnis, dass eine Reduzierung des Heuanteils auf 30% in der TMR sinnvoll ist. Bei diesem Heuanteil konnten bis zur neunten Lebenswoche die höchsten täglichen Zunahmen, im Vergleich zu höheren (40%) oder niedrigeren (15%) Heuanteilen in der TMR erreicht werden. Bei einem Heuanteil von 40% nahmen die Kälber deutlich weniger TMR auf, was insgesamt zu verringerten Zuwachsleistungen bis zur 16. Lebenswoche führte. Eine Reduzierung des Heuanteils auf 15% hatte zur Folge, dass im Tagesverlauf Pansen-pH-Werte von unter 6,0 festgestellt werden konnten, was die Entwicklung eines stabilen Pansenmilieus behindert. Besonders arbeitssparend wirkt sich die Verfütterung der im Betrieb eingesetzten Milchvieh - TMR in der Kälberfütterung aus. Notwendig hierfür ist eine Energiedichte von mindestens 6,8 MJ NEL und ein Rohproteingehalt von 16-18% in der
4 Trockenmasse der Ration. Diese Mischung entspricht einer Ration für Kühe mit über 22 kg Milchleistung. Aufgrund der bei Silagen erhöhten Gefahr des Futterverderbs bietet sich diese Lösung ab der sechsten Lebenswoche an. Zuvor wird der Einsatz von Heu empfohlen. Fazit Für eine gesunde Entwicklung des Vormagensystems ist die Gabe von Raufutter notwendig und durch den Gesetzgeber ab dem 8. Lebenstag in der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung vorgeschrieben. Dies kann durch die Gabe von gutem Kälberheu oder durch die Verfütterung qualitativ hochwertiger und hygienisch einwandfreier Gras- und Maissilage erfolgen. Um fütterungsbedingte Durchfälle zu vermeiden wird der Einsatz von gutem Kälberheu in den ersten 6-8 Lebenswochen empfohlen. Für Betriebe mit Futtermischwagen bietet sich die Erstellung einer Trocken-TMR mit 30% Heu und 70% Kraftfutter für die Kälber als Alternative ab der ersten Lebenswoche an. Durch diese kann eine Überfütterung der Kälber mit Kraftfutter und ein zu starkes absinken des ph-wertes im Pansen verhindert werden. Grundvoraussetzung für eine gute Beifutteraufnahme (Grundfutter und Kraftfutter) ist der freie Zugang zu Wasser. Pansen Labmagen Blättermagen Netzmagen Vormägen Labmagen Alter ca. 0,75 Liter ca. 2 Liter einige Tage ca. 14 Liter ca. 7 Liter 12 Wochen ca. 90 Liter ca. 10 Liter 1 Jahr Darstellung 1: Entwicklung des Vormagensystems beim Kalb (Jilg, 2000).
5 Tabelle 1: Kraftfuttermischung (Verfütterung ab der 12. Lebenswoche). 18,8% Rohprotein, 11,1 MJ ME (Jilg, 2000). Sojaschrot 22% Gerste 15% Weizen 20% Hafer 40% Mineralfutter 3% Tabelle 2: Zuwachsleistung von Fleckviehkälbern bei Fütterung von Mais- oder Grassilage ab der 13. Lebenswoche (Jilg, 2000). Tageszunahmen (Lebenswoche 1 bis 26) Gruppe Grassilage (g/tag) 1013 a Gruppe Maissilage (g/tag) 1145 b Lebendmasse mit 26 Wochen Gruppe Grassilage (kg) 201,5 a Gruppe Maissilage (kg) 221,8 b a,b: Unterschiedliche Hochbuchstaben stehen für signifikante Unterschiede; p < 0,05. 3,25 Futteraufnahme in % der Lebendmasse TS-Aufnahme in % der Lebendmasse 3,00 2,75 2,50 2,25 2,00 1,75 1,50 1,25 Grassilage ab 12. LW Maissilage, Heu 1, Alter in Wochen Darstellung 2: Futteraufnahme in % der Lebendmasse bei Fütterung von Mais- oder Grassilage ab der 13. Lebenswoche (Jilg, 2000).
6 Aulendorf, Rückfragen an: Silke Brändle, Tel.: 07525/ ,
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